Der Schatz von Preslav, Bulgarien

Restaurierung und Erforschung eines Schmuckfundes aus dem zehnten Jahrhundert

Projektleitung

Prof. Dr. Falko Daim

Institution

Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz

Förderung

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt durch die Gewährung von Fördermitteln zur Übernahme von Kosten für die wissenschaftlichen Bearbeiterinnen Dr. Antje Bosselmann-Ruickbie und Dr. Marlène Aubin und stellt Mittel zur Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten zur Verfügung, unter anderem zur Vorbereitung einer wissenschaftlichen Tagung zur Diskussion und Präsentation der Forschungsergebnisse.

Preslav war in den Jahren 893 bis 971 Hauptstadt des Ersten Bulgarischen Reiches. In der Nähe des ehemaligen Zarenpalastes entdeckten Bauern bei Feldarbeiten im Winter 1978 den so genannten „Schatz von Preslav“. Archäologen bargen die eindrucksvollen Funde, die im Ofen einer Hütte versteckt worden waren. Der Schatz von Preslav besteht aus über 180 goldenen, silbernen, vergoldeten und emaillierten Objekten mit einem Gewicht von insgesamt rund 640 Gramm: Schmuckstücke, Diademplatten, Kugelknöpfe, kleine spindelförmige und runde Anhänger, ein goldgefasstes Bergkristallsiegel und Blechapplikationen mit Ösen zur Befestigung an Gewändern. Die Archäologen fanden zudem silberne Teile eines Gefäßrandes, zwei Löffel sowie 15 Silbermünzen der byzantinischen Kaiser Konstantin VII. und Romanos II. (gemeinsame Regierungszeit 945–959), die darauf hinweisen, dass der Schatz in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts verborgen worden ist. Für diese Datierung spricht auch, dass Preslav im Jahre 971 durch den byzantinischen Kaiser Johannes I. Tzimiskes geplündert und zerstört wurde.

Die Objekte des Schatzfundes sind von enormem Materialwert und hervorragender Qualität. Die Schmuckstücke stammen vermutlich aus einer kaiserlichen byzantinischen Werkstatt und gelangten im Zuge diplomatischer Beziehungen von Byzanz nach Bulgarien. Ob dem tatsächlich so ist und wie bzw. wann derartig kostbare Objekte ihren Weg nach Bulgarien fanden, soll im Rahmen eines am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz unter der Leitung von Prof. Dr. Falko Daim angesiedelten bulgarisch-deutschen Kooperationsprojekts erforscht werden. Partner sind das Archäologische Institut der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und das Museum „Veliki Preslav“ in Preslav, die einer vorübergehenden Ausfuhr des Schatzes für eine fachgerechte Restaurierung in Mainz zugestimmt haben.

Die Wissenschaftler werden sowohl kunst- und kulturhistorische Untersuchungen durchführen als auch naturwissenschaftlichen und goldschmiedetechnischen Fragestellungen nachgehen. Mit seiner gesicherten Provenienz und dem eng eingrenzbaren Datierungsrahmen kann der Schatz von Preslav als Referenz nicht nur für verwandte Denkmäler dienen und eine Grundlage für Forschungen zu Goldschmiedearbeiten des zehnten Jahrhunderts in Byzanz und seinen Nachbarregionen bieten, sondern eröffnet auch für die Emailforschung eine neue Grundlage. Da die Preslaver Arbeiten vermutlich zu den seltenen materiellen Zeugnissen kaiserlich-höfischer Repräsentation in Byzanz zählen, verspricht ihre Untersuchung überdies Informationen zur Diplomatie sowie zur kaiserlichen Repräsentation, die bislang lediglich vor allem aus schriftlichen Quellen und bildlichen Darstellungen bekannt sind. Die Restaurierung und wissenschaftliche Erforschung lassen darüber hinaus neue Erkenntnisse zu Typologie und Stil von Luxusobjekten sowie mittelalterlichem Handwerk, Techniken und Materialkunde erwarten.