Ludovico Foscarini hinterließ rund 330 Briefe, die mit Blick auf das heuristische Potential und den Umfang der Sammlung einzigartig für seine Generation sind. Foscarini stellte den überwiegenden Teil seiner Briefe in einem aufwändigen Korpus zusammen, das er einem seiner Söhne vermachte. Offenbar wollte er seinen Nachkommen ein Muster für kulturelles und soziales Handeln übergeben, das aus seiner Perspektive keiner Konsistenz, sondern vor allem situativer Angepasstheit bedurfte. Die Briefe illustrieren eindrücklich, wie Foscarini im Laufe seiner Karriere die Prämissen seines Handelns unentwegt neu kalibrierte und dabei die Interessen der Serenissima sowie der von ihm vertretenen Klienten ebenso berücksichtigte wie private Lebensentwürfe, spätscholastische Überzeugungen und humanistische Motive. Foscarini berichtet über unterschiedliche Aufträge, die er für die Serenissima wahrnahm, darunter die Teilnahme an dem von Papst Pius II. 1459 einberufenen Kongress von Mantua, auf dem er die zurückhaltende Politik Venedigs in der Frage eines Kreuzzugs gegen die Osmanen zu vertreten hatte. Oftmals thematisierte Foscarini seine Unzufriedenheit mit den von ihm eingeforderten Praktiken und informierte Ärzte und Freunde über die negativen psychosomatischen Auswirkungen seiner amtlichen Tätigkeit. An sich selbst stellte er immer wieder hohe ethische Ansprüche, die er mit humanistischer Rhetorik staatspolitisch und christlich begründete.