Im Rahmen von zwei Teilprojekten gehen die wissenschaftlichen Bearbeiter Dr. Franziska Zaugg und Dr. Jacek A. Młynarczyk den zwischen Motivation und Zwang changierenden Beweggründen von Ukrainern, Polen, Russen, Bosniern, Kroaten und Albanern in der Waffen-SS nach. Dr. Młynarczyk untersucht die Gruppe der so genannten Trawniki, aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen stammende ehemalige Kriegsgefangene der Roten Armee, die mit der Rekrutierung dem so gut wie sicheren Tod entgingen. Nach der Aufnahme in die Waffen-SS wurden sie als Bewacher in den Vernichtungslagern im besetzten Polen eingesetzt. Dr. Zaugg beschäftigt sich mit muslimischen Einheiten der Waffen-SS in Südosteuropa, beispielsweise der albanischen Skanderbeg- und der bosnischen Handschar-Division. Neben der Legitimation der Rekrutierung von Muslimen in der Ideologie der Waffen-SS geht es in ihrem Projekt um die Frage nach den sozialen, kulturellen und politischen Hintergründen der Männer, ihrer Beteiligung an Gräueltaten und Genozid sowie ihrem Schicksal nach Ende des Kriegs. Einen Teil ihrer Ergebnisse hat Dr. Zaugg bereits in einer Monographie veröffentlicht:
Franziska A. Zaugg, Albanische Muslime in der Waffen-SS. Von „Großalbanien“ zur Division „Skanderbeg“, Paderborn 2016
Übergeordnetes Ziel der aus mehr als 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestehenden Forschergruppe ist es, einen differenzierten Umgang mit den Geschehnissen des Zweiten Weltkriegs in Ost- und Südosteuropa zu ermöglichen und neben der militär- auch die kulturgeschichtliche Bedeutung der Waffen-SS zu beleuchten. Dabei soll abhängig von der Quellenlage insbesondere die Perspektive der Einheimischen so weit wie möglich berücksichtigt werden. Erste Ergebnisse des Gesamtprojekts wurden im Berichtsjahr im Verlag Oxford University Press veröffentlicht:
Jochen Böhler, Robert Gerwarth (Hg.), The Waffen-SS. A European History, Oxford 2017
Außerdem gaben Franziska Zaugg und Jacek Młynarczyk ein Themenheft der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (2017/Heft 7–8) unter dem Titel „Ost- und Südosteuropäer in der Waffen-SS. Kulturelle Aspekte und historischer Kontext“ heraus, das wichtige Ergebnisse einer von ihnen im Dezember 2015 in Jena organisierten internationalen Konferenz zusammenfasst.