Gerda Henkel Preis

Internationaler Forschungspreis der Gerda Henkel Stiftung

Seit 2006 vergibt die Stiftung in einem Turnus von zwei Jahren den internationalen Gerda Henkel Preis. Die mit 100.000 Euro dotierte Auszeichnung richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den von der Stiftung geförderten Disziplinen und Förderbereichen herausragende Forschungsleistungen erzielt haben und weitere erwarten lassen.

Prof. Dr. Andreas Eckert, Staatsministerin Michelle Müntefering, Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Achille Mbembe, Julia Schulz-Dornburg und Prof. Dr. Peter Funke bei der Übergabe der Preis­urkunde am 8. Oktober 2018

Im Berichtsjahr wurde der Gerda Henkel Preis zum siebten Mal vergeben. Preisträger ist der Historiker und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Achille Mbembe, Professor am Wits Institute for Social and Economic Research der University of the Witwatersrand in Johannesburg, Südafrika. Das Kuratorium der Gerda Henkel Stiftung folgte in einer einstimmigen Entscheidung einer Empfehlung der Jury unter Vorsitz von Prof. Dr. Peter Funke, der die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der Stiftung sowie stiftungsunabhängige Persönlichkeiten angehörten: Prof. Dr. Ute Daniel, Prof. Dr. Andreas Eckert, Prof. Dr. Peter Geimer, Prof. Dr. Martin Jehne, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Parzinger, Prof. Dr. Sabine Schmidtke, Prof. Dr. Dr. h.c. Barbara Stollberg-Rilinger, Prof. Dr. Bo Stråth, Prof. Dr. Dr. h.c. Marcel van der Linden. In der Begründung der Jury hieß es: „Achille Mbembe zählt zu den international führenden Vertretern der postkolonialen Theorie und gehört zu den wenigen aus Afrika stammenden und auch in Afrika wirkenden Wissenschaftlern, die sich auf diesem hoch aktuellen Forschungsgebiet profiliert haben. International bekannt machte ihn zuerst sein Buch ‚De la postcolonie. Essai sur l’imagination politique dans l’Afrique contemporaine‘ (2000) (engl.: ‚On the postcolony‘). Seither hat sich Mbembe mit seinem wissenschaftlichen Œuvre, in dem Geschichtsschreibung, politische Analyse und Philosophie auf eine ganz eigene Art miteinander verwoben werden, als einer der anregendsten Denker Afrikas ein weltweites Renommee verschafft. Seine auch ins Deutsche übersetzten Bücher ‚Kritik der schwarzen Vernunft‘ und ‚Ausgang aus der langen Nacht‘ sind eindrucksvolle Zeugnisse einer sehr eigenständigen und ebenso kritischen wie selbstkritischen Denkweise, die Mbembes Forschungen durchgängig prägen. Seine ebenso kontroversen wie beunruhigenden Überlegungen zu Afrikas Platz in einer globalen Ordnung entfalten ihre nachhaltige Wirkung auch weit über grundlegende Debatten über den Postkolonialismus hinaus. Sie lenken den Blick auf das ‚Labor Afrika‘ jenseits aller gängigen Stereotypen und verweisen auf Zusammenhänge zwischen Kolonialismus, Rassismus und Kapitalismus, die auch hierzulande immer noch einer fundierten Auseinandersetzung bedürfen.“

Die Verleihung des Gerda Henkel Preises fand am 8. Oktober 2018 in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, K21 Ständehaus, in Düsseldorf statt. Der Vorsitzende des Vorstands der Gerda Henkel Stiftung, Dr. Michael Hanssler, betonte in seiner Begrüßung, dass die Stiftung mit Prof. Mbembe einen profunden Wissenschaftler auszeichne, der gesellschaftlich und politisch Stellung beziehe. Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, würdigte in ihrer Laudatio das Wirken Achille Mbembes in seinem Streben nach der „neuen Aufklärung“. In einem Gespräch mit Prof. Dr. Andreas Eckert, Inhaber des Lehrstuhls für die Geschichte Afrikas an der Humboldt-Universität zu Berlin und Mitglied der Jury des Gerda Henkel Preises, ging Professor Mbembe auf die Situation in Südafrika, die Migrationsbewegung nach Europa und Mobilität im 21. Jahrhundert ein. Die Vorsitzende des Kuratoriums der Gerda Henkel Stiftung, Julia Schulz-Dornburg, überreichte dem Preisträger die Urkunde.

In seiner in englischer Sprache gehaltenen Preisrede sprach der gebürtige Kameruner über die Restitution afrikanischer Artefakte und betonte das Ausmaß ihres Verlustes. Jede authentische Restitutionspolitik sei daher „untrennbar mit einer Wahrheitsfähigkeit verbunden, wobei Respekt vor der Wahrheit und Wiederherstellung der Welt eben dadurch zum unumgänglichen Fundament einer neuen Verbindung und einer neuen Beziehung“ würden. „Restitution ist nicht Willkür und Güte. Restitution ist Verpflichtung.“ Und er plädierte dafür, „zu lernen, sich gemeinsam zu erinnern“. Es könne nicht darum gehen, sich auf sich selbst zurückzuziehen, sondern darum, „dazu beizutragen, da draußen die neue Weltregion entstehen zu lassen, zu der wir alle bedingungslos Zutritt haben“.

Musikalisch wurde der Festakt von den Jazzformationen „The Blue Two“ und „Wolf Doldinger & Best Friends“ um den Saxophonisten Dr. Wolf-Dieter Doldinger gestaltet. Am Kontrabass spielte Prof. Dr. Ulrich Lehner, Mitglied des Kuratoriums der Gerda Henkel Stiftung.

Die Dokumentation aller Beiträge der Festveranstaltung erscheint 2019 im Rhema-Verlag (Münster):

Verleihung des Gerda Henkel Preises 2018, Achille Mbembe, Of African Objects in Western Museums / Über afrikanische Objekte in westlichen Museen. Gerda Henkel Vorlesung, herausgegeben von der Gerda Henkel Stiftung, Münster 2019