Die Vielzahl frappierender und drastischer Beispiele zeigt, wie durch intensive Rezeption über Sprach-, Disziplin- und Staatsgrenzen hinweg mittels apokalyptischer normativer Szenarien zunächst die Grenzen des öffentlich Sagbaren und bald auch des sozial Machbaren immer weiter verschoben wurden. So definierte man bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ontologisch immer neue Gruppen hinzu, derer sich ein perfekter Staat mit allen Mitteln zu entledigen hatte, um langfristig im Kampf um die begrenzten Ressourcen der Welt bestehen zu können. Die Staatsräson, so ein zentrales Ergebnis der Studie, hatte nun stets Vorrang vor der Freiheit des Einzelnen, während Gott als allmächtiger Schöpfer immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Gleichzeitig traf die individuelle Bereitschaft zur Selbstoptimierung mit dem Ziel, erbliche „Degeneration“ möglichst präventiv zu verhindern, auf wachsende Zustimmung in der Gesellschaft. Die Monographie ist im Berichtsjahr im Wallstein Verlag, Göttingen, erschienen:
Maren Lorenz, Menschenzucht. Frühe Ideen und Strategien 1500–1870, Göttingen 2018
Die Redaktion von L.I.S.A. WISSENSCHAFTSPORTAL GERDA HENKEL STIFTUNG hat mit Prof. Lorenz ein Interview über ihre Forschungsarbeit geführt: