Prof. Dr. Robyn Dora Radway geht in ihrem zwischen Geschichte und Kunstgeschichte angesiedelten Forschungsvorhaben den Beziehungen zwischen Habsburg und dem Osmanischen Reich auf Grundlage einer ungewöhnlichen Quellenart nach: Sie untersucht rund dreißig gedruckte oder handgefertigte Kostümalben, die sich in Archiven in Europa und den USA befinden. Sie enthalten Bildersammlungen von Menschen, Trachten und Gebräuchen aus allen Schichten der osmanischen Gesellschaft, die die habsburgischen Gesandten und ihr Gefolge im sogenannten Deutschen Haus in Konstantinopel zwischen 1550 und 1595 angelegt haben. Die Abbildungen zeigen Sultane und Staatsbeamte ebenso wie einfache Soldaten und Straßenkünstler. Obgleich in Lehrbüchern und Museen häufig zur Illustration herangezogen, sind die Entstehungs- und Nutzungszusammenhänge derartiger Kostümbücher bislang weitgehend unerforscht. Dabei lassen sich die Bilderalben des Deutschen Hauses geradezu als „transimperiale Objekte“ bezeichnen: Wie Wasserzeichen nahelegen, wurde das kostbare Papier aus Mitteleuropa herbeigeschafft, um zunächst von osmanischen Zeichnern reich mit Ornamenten verziert zu werden. Die anschließend auf den Seiten aufgebrachten Abbildungen stammen von deutschen, polnischen, flämischen, niederländischen, ungarischen, italienischen, griechischen, anatolischen und persischen Künstlern. Ihre Auftraggeber nutzten die Alben, um die ihnen fremde Gesellschaft besser zu verstehen.