Eines der interessantesten Beispiele für diese sprachlich-kulturelle Adaption der christlichen Text- und Traditionsbestände bietet die aus dem elften Jahrhundert überlieferte arabische Fassung der Hispanischen Kirchenrechtssammmlung, die es nur in einer einzigen Handschrift gibt. Der Text ist eine Quelle ersten Ranges für die Frage nach den Lebensumständen der christlichen Minderheit in al-Andalus sowie nach den Anpassungsstrategien, mittels derer sie ihre religiöse Identität inmitten einer islamisch geprägten Öffentlichkeit zu wahren verstanden. Diese bedeutende Quelle steht im Fokus der Untersuchungen der internationalen Forschungsgruppe, die wegweisende Einsichten in die Organisationsformen der rechtlichen und administrativen Selbstverwaltung der christlichen Gemeinden im muslimischen Reichsgebiet erlaubt. Zudem bietet sie neue Einblicke in unterschiedliche Konfliktszenarien, die aus der seit 711 grundlegend gewandelten Herrschaftsverfassung und Gesellschaftsstruktur in al-Andalus resultierten. Sichtbar wird weiterhin das Bemühen der christlichen Gemeinden um kulturell-religiöse Identitätswahrung, etwa durch die aktive Abgrenzung von anderen, sowohl christlichen als auch muslimischen Religionsgemeinschaften. Von besonderem Interesse sind schließlich die sprachlichen Formen, kulturellen Muster und intellektuellen Konzepte, in denen die identitätsbegründenden Normen und Traditionen der Gemeinschaft ins Arabische übertragen wurden.