Im Rahmen des Vorhabens sind zwei sechswöchige Phasen geplant. Während der ersten Phase sollen 20 bis 25 Stätten besichtigt und dokumentiert, in der zweiten Phase die Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten aufgenommen werden. Im Frühjahr 2019 hat bereits ein viertägiger Workshop in der Stadt Gheralta stattgefunden, der sich an Tour Guides der Guides Association richtete. Zentrale Themen waren Informationsverbreitung, Wissenstransfer und grundlegende Erhaltungsfragen.
Im Mittelpunkt des Vorhabens stehen zwei der bedrohtesten Gemälde der Region. Eines davon ist das freiliegende Wandbild in der Kirche Ara Ero des Heiligen Tekla Haymanot aus dem frühen 18. Jahrhundert, der als einziger Heilige Äthiopiens über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist und auch in den Kirchen Roms und Ägyptens verehrt wird. In der Kirche Ara Ero soll eine dauerhafte Dachkonstruktion den derzeitigen temporären Schutz ersetzen, um das Wandgemälde besser vor Umwelteinflüssen zu schützen. Seit den 1970er Jahren, als das Dach durch ein Unwetter zerstört wurde, lag das Innere der Kirche mitsamt den Malereien frei. Die von der EHF im Jahr 2015 angebrachte Schutzfolie konnte zwar Regen abhalten, nicht jedoch die Sonneneinstrahlung, die langfristig zu Rissen und Brüchen in der Wand und im Gemälde führt. Sobald das Gemälde umfassend geschützt ist, kann die Forschungsgruppe mit der Restaurierung beginnen. Zusätzlich wird eine Datenbank zu Monitoring-, Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen erstellt. Das zweite Teilvorhaben bezieht sich auf die ikonografischen Darstellungen der Kirche Petros und Paulos Melehayzenghi. Diese Felskirche wird auf das zehnte oder elfte Jahrhundert datiert und ist zum Teil in den anliegenden Felsen aus Sandstein geschlagen worden. Infolge eines Einsturzes des südlichen Kirchenschiffes bröckelte der bemalte Putz ab und beschädigte so die auf die zweite Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts datierten Wandgemälde stark. Ein Großteil der Malerei ist delaminiert und verlustgefährdet, hinzu kommt eine Bedrohung des gesamten Gebäudes durch Termitenbefall. Daher werden zunächst Architekten und Tragwerksplaner mit Kenntnissen über historische Gebäude und bautechnische Fragen konsultiert, bevor mit der Restaurierung der Wandmalereien begonnen werden kann.
Neben dem Erhalt der christlichen Ikonografie, die prägend auf die nationale äthiopische Identität wirkte, ist ihre Erfassung zentral für das Forschungsvorhaben. Die Untersuchungen sollen auf weitere Standorte ausgedehnt werden, um eine umfassende Bestandsaufnahme zu ermöglichen. Die Daten werden zentral archiviert und verarbeitet, sodass in Zukunft ein schneller Zugriff gewährleistet ist. Außerdem sollen weitere Touristen- und Besucherziele erschlossen werden, um die Überlastung der Hauptattraktionen zu verringern.