III. Zu den Keramikfunden und Funden aus Bubon
von Jörg Gebauer und Kathrin Kugler
Im Jahr 2006 ist bei nichtsystematischen Begehungen im Verlauf der von C. Kokkinia durchgeführten Feldforschungen erstmalig eine ›grab collection‹ von Scherben aus dem Stadtgebiet von Bubon angelegt worden. Dabei handelt es sich um ca. 200 Fragmente, die zwar gewaschen und fotografiert, aus Zeitgründen aber weder gezeichnet noch näher bestimmt werden konnten. In die 2008 erschienene Publikation dieser Forschungen hat deshalb auch nur eine geringe Auswahl von ihnen mit einer groben Einordnung und einer Abbildung Eingang gefunden. So erfüllte diese Besprechung vor allem den Zweck, einen ersten Eindruck von der Bandbreite des keramischen Spektrums in Bubon zu vermitteln und eine spätere intensivere Auseinandersetzung mit dem Material anzuregen[1].
Im August 2011 war dieser Gedanke im Rahmen des Kibyratis-Projekts aufgegriffen worden, woraufhin eine erneute Keramiksammlung am Ort erfolgte. Diese Sammeltätigkeit unterlag allerdings ebenfalls gewissen Einschränkungen. Da sie zeitlich auf einen einzigen Tag begrenzt war, erstreckte sie sich zwar auf sämtliche Areale des Stadtgebiets, konnte wie schon 2006 dabei aber keiner weiteren Systematik folgen. Ihr Ergebnis besteht infolgedessen gleichermaßen in einer auf die Erfassung eines möglich breiten Spektrums abzielenden weiteren ›grab collection‹. Die 111 erfassten Scherben konnten diesmal allerdings umfassend dokumentiert und analysiert werden[2]. Für die Bearbeitung wurde diagnostisches Material ausgewählt, das entweder als Repräsentant einer bestimmten Keramikware dient oder durch seinen Dekor oder die Form Anlass zur Hoffnung auf eine spätere Einordnung bot.
Im Zuge dieser Analysen wurde auch das Fundmaterial von 2006 einer erneuten Auswertung unterzogen. Diese basierte jedoch nicht auf einer Autopsie der Stücke, sondern wurde lediglich anhand der vorliegenden Fotos vorgenommen. Aufgrund der augenfälligen Unzulänglichkeiten dieser Vorgehensweise werden von den ca. 200 erfassten Fragmenten nur 23 besprochen, zu denen sich auch ohne umfassende Dokumentation zu Tonbeschaffenheit, Form oder Dekor belastbare Aussagen treffen lassen. Darunter befinden sich neben fünf vorhellenistischen Scherben mit Bemalung 17 Fragmente, die von reliefierten Gefässen stammen, sowie ein Randfragment, das sich der Sagalassos Red Slip Ware (SRSW) zuordnen lässt.
Um das als Resultat der beschriebenen Vorgehensweise vorliegende Keramikspektrum von Bubon im Hinblick auf seine Zusammensetzung und Aussagekraft besser einschätzen zu können, ist noch einmal der Blick auf die allgemeine Situation an dem antiken Siedlungplatz zu lenken. Der vorangegangene Überblick über die oberflächlich erhaltenen Baureste hat davon schon einen gewissen Eindruck vermittelt. Hier zu ergänzen ist, dass durch die jahrelangen Raubgrabungsaktivitäten im ehemaligen Stadtgebiet zahllose Keramikfragmente an die Oberfläche gelangt sind. Das führt zu scheinbar idealen Bedingungen für einen Survey, da durch die tief in den Boden eingreifenden Wühlarbeiten mehr frisches Scherbenmaterial zu Tage gefördert worden zu sein scheint als an über Jahrhunderte kaum berührten Orten. Bei der Beurteilung des Keramikspektrums muss deshalb bedacht werden, dass die Aktivitäten der Raubgräber auch die vorliegende Auswahl der Keramik mittbeeinflusst haben kann. Die illegalen Grabungen zielten wohl vor allem auf die zentralen und repräsentativen Bereiche der Siedlung ab, da dort am ehesten mit hochwertigen Objekten zu rechnen war[3]. Einfachere Wohnbebauung und Siedlungsabfälle wurden vermutlich weniger stark tangiert. Das mag erklären, dass relativ wenig schlichte Grob- und Gebrauchskeramik an der Oberfläche lag und sich in entsprechend geringem Anteil im gesammelten Material wiederfindet.
Eine Auswirkung dürfte all das auch auf den Zustand der Fundkeramik haben. So hat die verhältnismäßig große Scherbengröße, die über dem sonst üblichen Maß für Surveykeramik liegt, wohl ihre Ursache darin, dass die einzelnen Fragmente noch nicht lange an der Oberfläche lagen und entsprechend durch regelmäßige Begehungen weiter zertreten worden sind. Auffällig ist allerdings die zumeist kleinere Zerscherbung des vorhellenistischen Materials. Das spricht dafür, dass es sich um schon antik mehrfach umgelagerte Keramik handelt, die aus späteren Füll- und Ausgleichsschichten stammt.
Aufgrund der beschriebenen Verhältnisse scheint es trotz der großen Fülle an Oberflächenkeramik fraglich, ob ein systematischer Survey einen wirklich grundsätzlich anderen Eindruck vom Keramikspektrum der Siedlung erbracht hätte. Das Spektrum würde zweifellos breiter ausfallen, sich aber zweifellos ebenfalls in dem jetzt vorliegenden chronologischen Rahmen bewegen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus die Geländesituation. So resultiert die erhebliche Umlagerung von Fundmaterial in Bubon nicht nur aus Raubgrabungen allein, sondern ist ebenso auf Erosionsprozesse an den steilen Hängen des Dikmen Tepe zurückzuführen[4].