Interessanterweise könnte diese Entwicklung der frühen Siedlung auf dem Dikmen Tepe auf niedrigerem Niveau eine Entsprechung in der Balburike finden. Dort hat J. J. Coulton an einem Ort mit dem heutigen Namen Mendan Ova eine offenbar residenzartige und mit einem »high status occupant« verbundene Gipfelbefestigung (»heavy masonry structure«) samt einem wohl zugehörigen Felsgrab beschrieben, die aus archaischer Zeit stammen dürfte und aus der im Hellenismus und in der Kaiserzeit eine Hangsiedlung hervorging. Darüber hinaus scheinen sich die Anlagen auf dem Dikmen Tepe und in der Mendan Ova mit dieser Entwicklung in eine große Gruppe von Gipfelbefestigungen einzureihen, die in vielen Gebieten Kleinasiens vorkommen, sich zumindest teilweise als Phänomen der Zeit der achämenidischen Herrschaft zuweisen lassen und wohl mit ähnlichen gesellschaftlichen Verhältnissen zu erklären sind.
Im Hinblick auf die insbesondere klassische Zeit sollte die weiter oben angesprochene Lücke innerhalb des frühen Keramikspektrums nicht zum Anlass genommen werden, einen Abbruch der Besiedlung im Zeitraum zwischen ca. 500 v. Chr. und der Gründung des hellenistischen Bubon zu postulieren. Während auf dem Dikmen Tepe selbst zwar unmittelbare Erkenntnisse für diesen Zeitraum fehlen, vermögen die beiden in einiger Distanz gelegenen Felsgräber KIB 251 (Abb. 251. 1) und KIB 259 (Abb. 259. 1) vielleicht diese Lücke zu füllen. So ist zumindest im Fall von Grab KIB 259 für eine Datierung noch in das 4. Jh. v. Chr. plädiert worden, was im Übrigen im selben Maße auf das lykische Felsgrab KIB 277 bei Kirazlıyayla zutrifft (Abb. 277. 1), das ohne nachvollziehbaren Kontext im ländlichen Raum liegt. Für das Felsgrab KIB 251 wird dagegen schon einer späteren, sprich hellenistischen Datierung der Vorzug gegeben.
Wer in allen drei Fällen die Grabinhaber gewesen sind, muss offenbleiben. Insbesondere bei dem Grab bei Kirazlıyayla wird man aber zuvorderst an einen Lykier oder eine Person mit einem starken Bezug zu Lykien denken wollen. Abgesehen von dieser Grabanlage lässt sich kein weiterer von den wenigen Umlandbefunden mit der vorhellenistischen Zeit in Verbindung bringen. Insofern kann ein Bild der Besiedlung des ländlichen Raumes um den Dikmen Tepe nicht einmal ansatzweise skizziert werden und bleibt als Forschungslücke bestehen.
Das neugegründete Bubon der hellenistischen Zeit
Während Ausdehnung und Status der vorhellenistischen Siedlung auf dem Dikmen Tepe unbekannt sind, handelte es sich bei der wohl im ausgehenden 3. Jh. v. Chr. gegründeten Siedlung, die erstmalig mit dem Namen Bubon verbunden ist, um den Zentralort einer Polis mit urbanem Charakter. Die konkreten Hintergründe und Abläufe dieser Gründung oder Neugründung am selben Ort sind unbekannt. Einigkeit herrscht aber darüber, dass es sich bei den Akteuren um eingewanderte Pisider, möglicherweise vorrangig aus Termessos, handelte. Ungefähr zur selben Zeit wurden auch Kibyra, Oinoanda und Balbura, also jene drei Städte, mit denen Bubon später die Tetrapolis bildete, von Pisidern gegründet.
Umgestaltungen der Kaiserzeit und der byzantinischen Zeit bestimmen das heutige Bild der Ruinen von Bubon, weshalb auch die Kartierung der oberflächlich erhaltenen baulichen Überreste im Wesentlichen diesen letzten Zustand wiedergibt (Abb. 250. 1). Sie dürften primär aber die einzelnen Gebäude selbst betroffen haben, wohingegen die generelle Strukturierung der Stadt wohl tatsächlich in die hellenistische Zeit zurückreicht. Es ist nämlich kaum einzusehen, warum die Pisider bei ihrer Gründung zunächst auf eine städtebauliche Konzeption nach griechischem Vorbild verzichtetet haben sollen. Wie lange sie allerdings im Anschluss für die Umsetzung dieser Konzeption brauchten, ist eine andere Frage. Vielerorts, d. h. auch in Pisidien selbst, ist das Aufkommen griechischer Elemente jedenfalls erst ab dem 2. Jh. v. Chr., oftmals sogar erst ab der Jahrhundertmitte, zu beobachten.
Architektonisch lassen sich jedenfalls keine Überreste gesichert mit der Frühzeit des hellenistischen Bubon verbinden. Man wird aber annehmen dürfen, dass das Gipfelplateau als Akropolis ausgebaut und befestigt wurde. Möglicherweise errichtete man dort auch einen Tempel, der vielleicht der Artemis geweiht war. Trifft die Annahme zu, dass eine Stadtmauer existierte (Abb. 250. 86), so gab diese wie in Balbura vermutlich von Beginn an den Rahmen für die übrige Siedlung vor.
Wegen der Lage am Hang mit teilweise erheblichem Gefälle und wenigen ebenen und für eine großzügigere Bebauung geeigneten Flächen ist wohl auch davon auszugehen, dass das Zentrum mit der Agora und den angrenzenden öffentlichen Bauten schon in der Frühphase der hellenistischen Stadt geschaffen worden war und seine Grundstruktur die Jahrhunderte überdauerte. Zu dieser Grundstruktur könnten der gesamte talseitige Substruktionsbau (›Südhalle‹) und weitere Teile des Agorabereichs gehört haben (Abb. 250. 39), die so massiv gebaut wurden, dass sie den Erdbeben der römischen Zeit trotzen konnten. Ob dort auch schon das Gymnasion und das Stadion bestanden, ist zumindest im ersten Fall wahrscheinlich, aber nicht belegbar. Auch das Theater (Abb. 250. 66) könnte damals schon errichtet worden sein.
Abb. 250. 61 İbecik, Bubon (KIB 250): ›Mauereck‹ im südöstlichen Bereich der Agora von Süden [Bildquelle: © ÖAW-ÖAI/Kibyratis-Projekt]