„Die Stunden, die ich mir zur Arbeit stehle, sind meine glücklichsten (…)“ - Künstlerinnen im Jungen Rheinland
Jens-Henning Ullner
Seitdem im Herbst 1970 in der Düsseldorfer Kunsthalle unter dem Titel „Avantgarde gestern“ die erste Retrospektiv-Ausstellung über Das Junge Rheinland gezeigt wurde,[1] ist die Gruppe fortwährend als männliche Künstlervereinigung rezipiert worden. In der öffentlichen Wahrnehmung dominieren daher bis heute Künstler wie Max Ernst, Otto Dix und Gert H. Wollheim das Bild des Jungen Rheinland. Die Künstlerinnen der Vereinigung wurden hingegen stets marginalisiert, obgleich ihr Anteil keineswegs so gering gewesen ist, wie es bislang den Anschein hatte. Immerhin rund 15 % der Mitglieder waren weiblich. Unter den rund 400 Künstlerinnen und Künstlern, die zwischen 1919 und 1933 mit dem Jungen Rheinland, der Rheingruppe und der Rheinischen Sezession ausgestellt haben, befanden sich 59 Frauen (Tab. 1). Diese waren, mit Ausnahme der Architektur, in allen künstlerischen Disziplinen vertreten, wobei die Gruppe der Malerinnen und Graphikerinnen am größten war, gefolgt von Kunstgewerblerinnen und Bildhauerinnen. Manche von ihnen haben nur an ein oder zwei Ausstellungen teilgenommen, andere waren dem Jungen Rheinland über Jahre hinweg verbunden und haben die Geschicke der Vereinigung zum Teil aktiv mitgestaltet. Fast alle sind heute – 100 Jahre nach Gründung der Künstlergruppe – vollkommen aus dem Blickfeld der Kunstgeschichte verschwunden.