Vom Sonderbund zum Jungen Rheinland – Kontinuität und Veränderung
Patricia Nünning
„Das Schicksal des ‚Sonderbunde‘ mag uns eine Lehre sein.“[1] Diesen Leitsatz formuliert Das Junge Rheinland im Vorwort seiner ersten Ausstellung. Auch heißt es zu Gründungszeiten, Das Junge Rheinland sei eine „Neuauflage des Sonderbundes“[2]. Tatsächlich sind einige grundsätzliche Parallelen ausmachbar: Der Ursprung beider Vereinigungen liegt – mit einem Abstand von rund zehn Jahren – in Düsseldorf. Beide treten für die Etablierung rheinischer, zeitgenössischer Kunst ein. Und beide kämpfen mit den widrigen Umständen ihrer Zeit, die der modernen Kunst eher ablehnend gegenübersteht.[3] Angesichts dessen könnte sich Das Junge Rheinland – nach der Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg – als Nachahmer des Sonderbundes begreifen. Doch finden sich in den ersten schriftlichen Positionierungen des Jungen Rheinland Äußerungen, die einen Bruch mit dem Sonderbund offenbaren. Es stellt sich somit die Frage, welche Konsequenzen Das Junge Rheinland aus der Auseinandersetzung mit dem Sonderbund für sich zieht.
Die Untersuchung beginnt mit der Frage nach dem bestehenden Zusammenhang zwischen dem Jungen Rheinland und dem Sonderbund: Inwiefern ist Das Junge Rheinland im Sonderbund verankert? Daraus kann im Folgenden auf den Kenntnisstand der „Jungen Rheinländer“ über den Sonderbund geschlossen werden. In einem zweiten Schritt werden die Kritikpunkte des Jungen Rheinland am Sonderbund ermittelt und in ihrer Entstehung hinterfragt. Dies dient als Basis der Untersuchung, wie sich die Auseinandersetzung mit dem Sonderbund letztendlich in Programmatik und Organisation des Jungen Rheinland niederschlägt. Ziel ist es, zu ermessen, inwiefern der Sonderbund für Das Junge Rheinland als identitätsstiftender Bezugspunkt diente.
Zur Beantwortung dieser Fragen werden der Aufruf an die jungen rheinischen Künstler[4], der 1918 zu Gründungszwecken verfasst wurde, und die Satzungen des Jungen Rheinland analysiert.[5] Ebenso werden das Katalogvorwort zur ersten Ausstellung,[6] ein dazu verfasstes Begleitwort Karl Koetschaus[7] und ein Beitrag Richart Reiches zur ersten Wanderausstellung des Jungen Rheinland berücksichtigt.[8]