Als die Europäer im 15. Jahrhundert begannen, den Atlantik zu überqueren, betrachteten sie sich noch nicht als „weiß“: Die Haut war keine Kategorie, anhand derer ihre Welt kulturell oder ökonomisch organisiert wurde. Drei Jahrhunderte später jedoch war die atlantische Welt und mit ihr die europäische Sicht der gesamten Welt in hohem Maß epidermalisiert. Begriffe wie „blanc“ und „nègre“ waren zu wirkmächtigen juristischen Kriterien geworden, und ein neues hautbezogenes Vokabular war entstanden, das soziale Klassifikationen widerspiegelte, so zum Beispiel die Worte „Mulatte“ oder „Métis“. Erst durch den Kontakt mit den westafrikanischen und amerikanischen Gesellschaften, in denen der Haut – im Gegensatz zur Kleidung in europäischen Gesellschaften – als Träger sozialer Distinktionsmerkmale große Bedeutung zukam, entstand ein System der schwarz-weißen Epidermalisation, in dessen Zentrum die Haut als Aushängeschild von Status und Identität stand: Mit der jetzt als „weiß“ bezeichneten europäischen Haut an der Spitze einer Hierarchie, die nun nicht mehr auf den Praktiken der Hautveränderung, sondern auf der Hautfarbe selbst basierte.
Dabei versucht Professor Koslofsky erstmals verschiedene Forschungsrichtungen miteinander zu verbinden, die sich bislang in zahllosen Unterdisziplinen des Rechts, der Medizin, der Naturphilosophie und Theologie ausdifferenziert hatten. Innerhalb dieser zunehmend formalisierten oder verwissenschaftlichten Rahmen entstand das moderne Verständnis von Haut, das aber bislang nicht übergreifend erforscht worden ist.
Die Forschungsergebnisse werden in einer Monographie erscheinen, die der Geschichte der Haut über alle Grenzen hinweg folgt, um ein Aggregat von alltäglichen und im Wortsinn verkörperten Linien zu unserer modernen epidermalisierten Welt aufzuzeigen.