Die moderne Architektur in Afrika entstand in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und war von Anfang an kolonial geprägt. Ausgeführt und verwirklicht durch europäische Architekten, war diese „Herrschaftsarchitektur“ Ausdruck der von den Kolonialisten propagierten „Modernisierungsmission“, mit der sie ihre Ansprüche auf dem Kontinent rechtfertigten. Im Interesse der Kolonialisten entwickelten Architekten, wie die Engländer Maxwell Fry und Jane Drew, die Tropische Architektur, eine an das Klima angepasste Adaption des Internationalen Stils. Ikonisch dafür wurde in Nigeria die Universität von Ibadan, die älteste Universität des Landes, die noch unter britischer Kolonialherrschaft 1948 als College der University of London gegründet worden war.
Nur 80 Kilometer entfernt wurde 1962 die Universität von Ife, später Obafemi Awolowo University, als erste Universität nach der Unabhängigkeit Nigerias (1960) gegründet und zwischen 1962 und 1976 gebaut. In Ile-Ife, der heiligen Stadt der Yoruba, errichtet und als postkoloniales Prestigeprojekt angelegt, sollte sie auch baulich das neue Selbstbewusstsein spiegeln und gleichzeitig der Spannung zwischen Modernisierung und Tradition Rechnung tragen. Trotz der Bedeutung des Ensembles steht eine übergreifende architekturgeschichtliche Betrachtung bislang aus. Diese Lücke möchte der Architekt Adekunle Olusola Adeyemo anhand archivalischer Überlieferungen, Zeitzeugenbefragungen und der Analyse des Baubestands schließen.
So wird Herr Adeyemo zunächst die Gebäude des ursprünglichen Campus identifizieren und dokumentieren, um sie in der Folge beschreiben und analysieren zu können. Diese architektonische Einordnung wird durch die historische Analyse der Rahmenbedingungen des Bauvorhabens ergänzt, denn auch die Rolle zentraler Akteure bei der Genese des Projekts, etwa der nicht mehr existierenden Regionalregierung Westnigerias, wurde bislang nicht untersucht. Hierbei liegt das Augenmerk neben den ästhetischen und klimatischen Bedingungen auf dem politischen und soziokulturellen Umfeld, innerhalb dessen der „schönste Campus Afrikas“, wie von der Universität stolz beworben, entstand.