Die Sinologin Dr. Laura Pflug untersucht auf der Basis zeithistorischer Quellen die Geschichte des Transfers von Atomtechnologie im Dreieck Republik China (Taiwan) – Bundesrepublik Deutschland – Volksrepublik China zwischen 1960 bis 1989. Dabei sollen insbesondere die Handlungsradien staatlicher und wirtschaftlicher Akteure im Bereich des nuklearen Technologietransfers ausgelotet werden. Sie möchte herausarbeiten, wie sich die asiatischen Atomprogramme vor diesem Spannungsfeld entwickelten, welche Rolle dem Status als Atommacht zukam und wie sich die Interessen anderer Länder – insbesondere Deutschlands – auf diesen Konflikt auswirkten.
Der Handel mit Atomtechnologie war politisch brisant, bestand doch stets der Verdacht, Kerntechnologie nicht nur für zivile Zwecke einzusetzen, sondern auch militärisch zu nutzen (Dual-Use). Nach der massiven Subventionierung dieser Industriesparte im eigenen Land versuchten westdeutsche Akteure, internationale Märkte für entsprechende Exportvorhaben zu gewinnen, und verhandelten dabei auch mit autokratischen Regimen. Als Partner in Atomgeschäftsverhandlungen mit Taiwan und der VR China nahm die Bundesrepublik dabei eine Scharnierfunktion ein, so dass an diesem Beispiel die Rahmenbedingungen und Entwicklungen der nuklearen Handelspolitik der beiden ostasiatischen Staaten zur Zeit des Kalten Krieges besonders deutlich werden. In diesem Zusammenhang betrachtet Dr. Pflug mit der VR China und Taiwan erstmals auf der Grundlage deutsch- und chinesischsprachiger Primärquellen zwei ostasiatische Staaten, die gemeinsam mit Deutschland (und den beiden Koreas) im Zentrum des Kalten Krieges standen, aber wegen ihrer Verortung in Ostasien in (europäischen) Untersuchungen zum Kalten Krieg oft nur unzureichend berücksichtigt wurden.
Um diese Forschungslücke zu schließen, wird Dr. Pflug das noch unveröffentlichte Quellenmaterial sammeln, dokumentieren und systematisch auswerten. Ihre Forschungsergebnisse wird sie auf Fachtagungen vorstellen und in einer Monographie, die als Habilitationsschrift dienen soll, zusammenfassen.