II. Die New Yorker High Society in den 1920er und 1930er Jahren

351. »Getting Your Name in Print« – Mediale Sichtbarkeit und High Society-Status

When Mai Duncan Watson […] announced her engagement to […] »Freddie« Frelinghuysen, her photographic likeness appeared almost daily over a period of several months in the society columns and magazines. In the matter of being pictured in the prints Mai was the Babe Ruth of her day. This spring the former »Peggy« Stout, Lawrence Copley Thaw’s bride of a week, has, it would seem, eclipsed Mai Frelinghuysen’s hitherto unchallenged record for ›space‹ and pictures. Printing »Peggy’s« classic profile has, apparently, become a habit in certain sections of our metropolitan newspaperdom and while it must be admitted the Edward Martin Stout’s daughter is easy to look upon, it is a bit wearying to see her gazing out from the page every time one happens to open a daily, weekly or monthly. Just how »Peggy« ever had time to strike attitudes for all the pictures that have been served up for public consumption, and still have a few moments left in which to say »I will,« is a mystery I will not even attempt to solve.[1]

 

Kurz vor ihrer Hochzeit im Frühjahr 1924 hatte Peggy in den amerikanischen Printmedien eine derart große Sichtbarkeit erreicht, dass sich der berüchtigte New Yorker Klatschkolumnist Maury Paul alias Cholly Knickerbocker zu dieser scherzhaften Kritik bemüßigt fühlte. Was Peggy gelungen war, hatte sich dabei nicht einfach zufällig ergeben. Dahinter steckten vielmehr ein spezifisches Wissen über die massenmedialen Regeln und Logiken, gezielte Strategien und unbewusst verinnerlichte Kompetenzen. Wo man wann mit wem auftrat, wie man mit Vertreter/inne/n der Massenmedien umging oder den eigenen Körper gekonnt in Szene setzte, propagierten in den 1920er Jahren nicht zuletzt Ratgeber wie das oben genannte Buch Getting Your Name in Print und trugen damit zur Professionalisierung der High Society bei.[2] Um in die High Society aufzusteigen, reichte es allerdings nicht aus, Handlungsanweisungen zu befolgen. Mediale Sichtbarkeit und die damit einhergehende soziale Stellung überhaupt für ein erstrebenswertes Ziel zu halten, setzte vielmehr voraus, dass 36sich ein bestimmtes Bewusstsein für die Zusammenhänge von Massenmedien und Gesellschaftsformierung entwickelt hatte.

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts geboren, fielen Larrys und Peggys Kindheit und Jugend in eine Phase, in der sich die Gesellschaftsberichterstattung formierte und standardisierte.[3] Mit Blick auf die 1910er und frühen 1920er Jahre lässt sich daher erstens zeigen, welche Entwicklung die Gesellschaftsberichterstattung durchlief, welche sprachlichen und bildlichen Formen sie ausprägte und welche Rolle dabei Medienschaffende wie Verleger/innen, Journalist/inn/en und Fotograf/inn/en spielten. Zudem muss die spezifische historische Situation beleuchtet werden, in der die High Society entstand. Zweitens illustriert das Beispiel von Larry und Peggy, wie die Massenmedien einen wichtigen Deutungs- und Handlungsrahmen bereitstellten, an dem sich beide von früher Jugend an orientierten. Das Paar eröffnet dabei nicht nur eine Perspektive auf die Zeitungsleser/innen. Indem es selbst zum Gegenstand des medialen Interesses wurde, wird darüber hinaus deutlich, wie mit der High Society die Grenzen zwischen Produzent/inn/en, Konsument/inn/en und Protagonist/inn/en der Berichterstattung zunehmend verwischten.[4]