Form 12
Konischer Becher mit Standring  

Form 12a Becher mit und ohne Schlifflinien

Vgl. Form Isings 109, Trier 58a; AR 72.1; Gellep 193/695 und 195

Kat. 51 Becher, Inv. Glas 526

Grab 78

H. 11,3 cm. Rand Dm. 6,8 cm.

Glas farblos, am dickeren Standring grünlich. Freigeblasen.

Schlanker, konischer Gefäßkörper. Standring aufgelegt. Bodenmitte leicht nach innen gestochen. Rand nach außen gewölbt und abgesprengt. Unterhalb des Randes und auf der Wandung oben und unten zarte Schlifflinien.

Sprünge in der Wandung.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 98. Form 12a. Kat. 51. Inv. Glas 526.
Abb. 97. Form 12a. Kat. 51. Inv. Glas 526. M. 1:2.

Kat. 52 Becher, Inv. L 2121

Grab 94

H. 20,9 cm. Rand Dm. 8,5 cm.

Glas farblos, im dickwandigen Teil grünlich. Freigeblasen.

Schlanker, steilwandiger Gefäßkörper. Standring wohl aufgelegt. Boden nach innen gewölbt. Wandung oberhalb des Standrings eingezogen. Rand schräg nach außen gebogen, abgesprengt und überschliffen. Unterhalb des Randes, im unteren und oberen Teil der Wandung Schlifflinien, in der Mitte ein breites Schliffband aus acht feinen Linien zwischen zwei kräftigeren.

Zusammengesetzt. Fehlstellen in der Wandung.

Lit.: Hagen 1906, 433 Taf. 26 Abb. 72g.

Abb. 99. Form 12a. Kat. 52. Inv. L 2121.
Abb. 99. Form 12a. Kat. 52. Inv. L 2121. M. 1:2.

Kat. 53 Becher, Inv. L 2122

Grab 94

H. 15,9 cm. Rand Dm. 8,1 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Steilwandiger Gefäßkörper. Boden aufgewölbt. Standring wohl aufgelegt. Wandung oberhalb des Standrings stark eingezogen. Rand schräg nach außen gebogen, abgesprengt und leicht überschliffen. Unterhalb des Randes, im oberen und unteren Teil der Wandung Schlifflinien, in der Mitte ein breites Schliffband aus sechs Linien.

Zusammengesetzt. Fehlstellen in Wandung und Rand.

Lit.: Hagen 1906, 433 Taf. 26 Abb. 17h.

Abb. 100. Form 12a. Kat. 53. Inv. L 2122.
Abb. 100. Form 12a. Kat. 53. Inv. L 2122. M. 1:2.

Kat. 54 Becher, Inv. 35,493

Grab 80

H. noch 2,7 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Bodenfragment leicht eingestochen, Standring wohl aufgelegt. Nicht anpassende Wandungsbruchstücke, z. T. mit Schlifflinien.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 101. Form 12a. Kat. 54. Inv. 35,493.
Abb. 101. Form 12a. Kat. 54. Inv. 35,493. M. 1:2.

Kat. 55 Becher, Inv. 35,514

Grab 77

H. 9,5 cm. Rand Dm. 5,1 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Konischer Gefäßkörper mit gewölbter Wandung. Wulstiger Standring aus der Wandung gefaltet. Boden exzentrisch nach innen gedrückt. Wandung zum Standring hin eingezogen. Rand leicht nach außen gebogen, abgesprengt und überschliffen. Unter dem Rand und oberhalb des Standrings eine Schlifflinie, auf der Wandung dazwischen in gleichen Abständen vier eingeschliffene Doppellinien.

Zusammengesetzt.

Lit.: Fremersdorf 1967, 54 Taf. 6 oben. – Fremersdorf – Polónyi, Farblose Gläser 13 Nr. 35.

Abb. 103. Form 12a. Kat. 55. Inv. 35,514.
Abb. 102. Form 12a. Kat. 55. Inv. 35,514. M. 1:2.

Kat. 56 Becher, Inv. 35,516

Grab 77

H. 13,7 cm. Rand Dm. 6,8 cm.

Glas farblos. Schlieren. Freigeblasen.

Hoher, schlanker Gefäßkörper. Standring aus der Wandung gefaltet. Bodenmitte nach innen gewölbt. Wandung zum Standring hin eingezogen. Rand leicht nach außen gebogen, abgesprengt und flüchtig überschliffen.

Zusammengesetzt. Fehlstelle im Rand.

Lit.: Fremersdorf – Polónyi, Farblose Gläser 14 Nr. 38.

Abb. 104. Form 12a. Kat. 56. Inv. 35,516.
Abb. 104. Form 12a. Kat. 56. Inv. 35,516. M. 1:2.

Kat. 57 Becher, Inv. 35,625

Grab 83

H. 7,7 cm. Rand Dm. 4,3 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Konischer Gefäßkörper. Standring wohl aufgelegt. Boden leicht nach innen gewölbt. Rand leicht nach außen gebogen und abgesprengt.

Zusammengesetzt. Fehlstelle im Rand.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 106. Form 12a. Kat. 57. Inv. 35,625.
Abb. 105. Form 12a. Kat. 57. Inv. 35,625. M. 1:2.

Grabtypus und Fundlage: Die sieben Gefäße kommen aus Körperbestattungen und fanden sich jeweils innerhalb des Sargs. Nur bei den beiden Gräbern 77 und 83 ist die genaue Fundlage der Beigaben überliefert: Die beiden Becher waren jeweils am Fußende des Sargs platziert. In Grab 83 war ein Kind beigesetzt, in Grab 78 vermutlich eine weibliche Person. Für die Geschlechtsbestimmung der übrigen Bestatteten gibt es keine Anhaltspunkte.

Form und Technik: Bei den Bechern lassen sich zwei Größen unterscheiden. Die kleineren Gefäße haben eine Höhe bis zu 12 cm und einen dünnen Standring, der häufig aus der Wandung gefaltet ist. Die großen Becher sind etwa doppelt so hoch. Ihre Wandung ist nach unten mehr oder weniger stark eingezogen. Der breite Standring besteht meist aus einem aufgelegten Faden. Zwei Gefäße Kat. 51 und Kat. 55 weisen über den Gefäßkörper verteilte Schlifflinien auf. Der Rand der Becher ist nach außen gebogen, abgesprengt und unterschiedlich sorgfältig überschliffen.

Verwendung und Gefäßkombination: Die Becher sind Trinkgefäße, die gerne in mehrfacher Ausführung beigegeben wurden. In den Gräbern 77 und 94 kommen jeweils zwei Exemplare von unterschiedlicher Größe vor, die jedoch proportional aufeinander abgestimmt sind. In Grab 83 waren ein glattwandiger und ein gefalteter Becher Form 12a und 12b, beide von relativ kleinem Format, für ein Kind bestimmt. Das konische Exemplar Kat. 51 war mit einem Becher halbkugeliger Form 9b (Kat. 24) vergesellschaftet, der hier offenbar das Pendant bildete.

Datierung: Anhaltspunkte für die Datierung liefern die Münzbeigaben: Die Gräber 80 und 83 mit Kat. 54 und Kat. 57 sind jeweils nach 293/305 n. Chr. angelegt worden. Grab 94 mit den beiden hohen Exemplaren Kat. 52 und Kat. 53 und einer Münze von 320/324 n. Chr. ist in das zweite Drittel des 4. Jahrhunderts datierbar. Grab 77 mit den unterschiedlich großen Gefäßen Kat. 55 und Kat. 56 enthielt eine Münze von 270 n. Chr. E. Polónyi hatte in Unkenntnis, dass beide Becher aus demselben Grab stammen, den kleineren in die erste Hälfte, den größeren in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts datiert[490]. Der Grabkontext spricht dafür, dass beide Becher erst in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in den Boden gekommen sind. Grab 78 mit Kat 51 und Münzen von 272/274 n. Chr. ist vermutlich ebenfalls in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts einzuordnen.

Weitere fundgesicherte Gläser stammen aus der Nekropole bei St. Severin in Köln. Das älteste Beispiel der Form 12a scheint ein kleiner Becher mit Schlifflinien aus dem Brandgrab V,208 zu sein, das Münzen von 161/180 n. Chr. enthielt und in das zweite Viertel bis Mitte 3. Jahrhunderts datiert wurde[491]. In Grab IV,68 war das Glas einem nach 290/294 n. Chr. bestatteten Kind beigegeben[492]. Am Fundort An der Eiche/Dreikönigenstraße lag ein Becher in einem Kriegergrab aus dem ersten Drittel des 4. Jahrhunderts[493]. An der Jakobstrasse kam ein relativ kleines Exemplar (H. ca. 9 cm) in Grab 115 aus dem 4. Jahrhundert zutage[494].

Fünf Gläser mit einer Höhe von 19,3 bis 24,3 cm stammen aus den Gräbern 81, 118, 218, 227 und 255 an der Jakobstraße in Köln, die U. Friedhoff in die Zeit vom Ende des 3. Jahrhunderts bis ca. 340 n. Chr. angesetzt hat[495]. Die relativ hohen Gläser sind mit den beiden Exemplaren Kat. 52 und Kat. 53 aus Grab 94 vergleichbar. Da für diese Bestattung ein terminus post quem von 320/324 n. Chr. gegeben ist, dürfte die für die Jakobstraße vorgeschlagene Zeitspanne auf das zweite Drittel des 4. Jahrhunderts einzugrenzen sein. Ein Becher (H. 22 cm) lag in einem Körpergrab an der Van Werth-Straße zusammen mit Münzen bis 337/341 n. Chr.[496].

In Gellep wurden zahlreiche Becher kleiner bis mittlerer Größe (Gellep 193/695) ausgegraben. Ein Exemplar stammt aus dem Kindergrab 878 der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts[497]. Weitere Fundstücke kommen aus den acht Bestattungen 1885[498], 3198[499], 3982, 4457[500], 5370[501], 5595, 5900 und 5930[502], die an das Ende des 3. Jahrhunderts bzw. in das 4. Jahrhundert datierbar sind. Die Gefäße sind meist wie Kat. 51 und Kat. 55 mit umlaufenden Schlifflinien verziert. Becher der hohen Variante (‚Pokale‘ Gellep 195) haben sich in zahlreichen Exemplaren erhalten. Die Gräber 1238, 1295 und 3168 sind nach Ausweis von Münzen sicher nach 303, 305 bzw. 306 n. Chr. in die Erde gekommen[503]. Weitere Bestattungen können in die erste Hälfte bis Mitte des 4. Jahrhunderts datiert werden[504]. In den Gelleper Publikationen ist die Technik des Standrings meist nicht beschrieben. Allein beim Exemplar aus Grab 5595 ist vermerkt, daß er aus einem aufgelegten Faden besteht. Nach den Kölner Bechern zu schließen, wurde der Standring im 4. Jahrhundert zunächst aus der Wandung gefaltet, später meist aufgelegt. Im Trierer Raum war die Hauptgebrauchszeit der Becher in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts: von zehn fundgesicherten Exemplaren stammen neun aus der ersten Jahrhunderthälfte[505].

Form 12b Becher mit Falten

Vgl. Form Trier 58c; Gellep 294

Kat. 58 Faltenbecher, Inv. 35,626a

Grab 83

H. 11,2 cm. Rand Dm. 5,2 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Konischer Gefäßkörper. Boden abgeflacht und leicht eingestochen. Standring wohl aufgelegt. Wandung zum Standring hin eingezogen und mit fünf senkrechten Falten versehen. Rand leicht nach außen gebogen und abgesprengt. Unter dem Rand Schlifflinien, ungleichmäßig lang und in unregelmäßigen Abständen.

Zusammengesetzt. Fehlstelle in Wandung und Rand.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 107. Form 12b. Kat. 58. Inv. 35,626a.
Abb. 107. Form 12b. Kat. 58. Inv. 35,626a. M. 1:2.

Kat. 59 Faltenbecher, Inv. 67,1205

Grab 25

H. nicht mehr feststellbar.

Glas farblos. Freigeblasen.

Bruchstücke von Boden, Wandung und Rand. Standring aus der Wandung gefaltet. Reste der Falten. Rand nach außen gebogen und abgesprengt.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 108. Form 12b. Kat. 59. Inv. 67,1205.
Abb. 108. Form 12b. Kat. 59. Inv. 67,1205. M. 1:2.

Kat. 60 Faltenbecher, Inv. 67,1285

Grab 16

H. 11,5 cm. Rand Dm. 6,5 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Zylindrischer, nach unten sich verjüngender Gefäßkörper. Standring aus der Wandung gefaltet. Boden aufgewölbt. Wandung mit vier senkrechten Falten versehen. Rand nach außen gebogen, abgesprengt und auf der Innenseite(!) mit einer Schlifflinie verziert.

Zusammengesetzt, unvollständig.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 109. Form 12b. Kat. 60. Inv. 67,1285.
Abb. 109. Form 12b. Kat. 60. Inv. 67,1285. M.1:2.

Grabtypus und Fundlage: Kat. 59 und Kat. 60 stammen aus Brandgräbern: Die Bruchstücke von Kat. 59 lagen außerhalb der Asche in Grab 25; der Becher Kat. 60 stand in einer Nische von Grab 16. Die Beigabe Kat. 58 lag zu Füssen des Verstorbenen in Körpergrab 83.

Form und Technik: Der Standring der Becher Kat. 59 und Kat. 60 ist aus der Wandung geformt, bei Kat. 58 besteht er wohl aus einem aufgelegten Fadenring. Die Gläser Kat. 59 und Kat. 60 aus den Brandgräbern haben einen gespannten bauchigen Umriß, während bei Kat. 58 aus der Körperbestattung 83 die Gefäßwandung ohne stärkere Wölbung steil verläuft ist.

Verwendung und Gefäßkombination: Die Becher sind Trinkgefäße. Im Körpergrab 83 war ein Exemplar der Form 12a mit einem zweiten der Form 12b kombiniert (Taf. 113).

Datierung: Die Faltenbecher Kat. 59 und Kat. 60 stammen nach Ausweis der keramischen Beifunde aus der Zeit um 100 n. Chr. bzw. der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Für Kat 58 aus Grab 83 liefert eine Münze einen terminus post quem von 293/305 n. Chr.; wahrscheinlich ist die Bestattung im zweiten Viertel des 4. Jahrhunderts vorgenommen worden. In Gellep wurde ein Becher in Grab 1833 der ersten Hälfte oder Mitte des 4. Jahrhunderts ausgegraben[506]. Grab 3188 mit einem Exemplar ist durch eine Münze nach 308 n. Chr. datiert[507]. Faltenbecher sind demnach vom 2. bis 4. Jahrhundert in Gebrauch. Die frühen Becher haben einen Gefäßkörper mit gespannten, bauchigen Umriß, während die des 4. Jahrhunderts eine steilere Wandung besitzen. Bei diesen ist der Standring in der Regel aufgelegt.

Form 12c: Becher mit ‚optischen‘ Rippen

Vgl. Form Gellep 695 Variante

Kat. 61 Becher, Inv. 37,660

Grab 71

H. 15,1 cm. Rand Dm. 8,4 cm.

Glas farblos. Gerippte Vorform.

Hoher Gefäßkörper mit nach außen gewölbter Wandung. Wulstiger Standring aus spiralig aufgelegtem Faden, dessen Enden sich überschneiden. Boden eingestochen. Rand nach außen gebogen, abgesprengt, teilweise schartig. Unter dem Rand schwache Schlifflinie. Auf der Wandung schräg verlaufende plastische Rippen.

Zusammengesetzt, große Fehlstellen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 110. Form 12c. Kat. 61. Inv. 37,660
Abb. 110. Form 12c. Kat. 61. Inv. 37,660. M. 1:2.

Grabtypus und Fundlage: Kat. 61 stammt aus einem Brandgrab und lag mit der Asche ohne Behältnis in der Grube.

Form und Technik: Der Becher Kat. 61 wurde mit Hilfe einer gerippten Vorform angeblasen und beim Ausblasen gedreht, so daß tordierte Rippen auf der Wandung entstanden. Der Standring ist aufgelegt; seine beiden Enden sind auf der Bodenunterseite deutlich auszumachen.

Verwendung und Gefäßkombination: Der Becher ist ein Trinkgefäß; es war die einzige Glasbeigabe des Grabes.

Datierung: Von der Ausstattung des Brandgrabs 71 haben sich außer einer Münze von 270/275 n. Chr. keine weiteren Funde erhalten. Da in Köln Leichenverbrennung im 4. Jahrhundert nur noch sporadisch nachgewiesen ist, spricht die Bestattungsart hier für eine Datierung in das spätere 3. Jahrhundert.

In Gellep wurde ein Becher mit tordierter Wandung in Brandgrab 5595 ausgegraben, das eine Münze von 259 n. Chr. enthielt[508]. Es ist an das Ende des 3. Jahrhunderts datierbar, was dafür spricht, dass auch das Kölner Brandgrab mit Kat. 61 noch in das 3. Jahrhundert gehören kann. Ein Grabfund aus Tournai wird am Ende des 3. Viertels des 4. Jahrhunderts angesetzt[509]. Der Becher Kat. 61 ist offenbar am Anfang der Laufzeit von Form 12c entstanden.

Form 12 d Becher mit geschliffenen Riefen

Kat. 62 Becher, Inv. L 928

Grab 48

H. 8,9 cm. Rand Dm. 5,8 cm.

Glas farblos, jetzt milchig aussehend. Aus einem Rohling geschliffen. Hochschnittdekor.

Eiförmiger Gefäßkörper auf niedrigem konischen Standring. Auf der Unterseite in der Bodenmitte kleiner erhabener Nabel. Auf der Wandung eine Zone (H. 4,9 cm) mit S-förmig geschwungenen Längsriefen in Hochschnitt. Wandung oberhalb und unterhalb dieser Zone glatt abgearbeitet bis auf eine umlaufende Horizontalleiste unterhalb des Randes. Rand leicht nach außen gebogen, überschliffen.

Zusammengesetzt, Risse in der Wandung.

Lit.: Hagen 1906, 404 Taf. 23 Abb. 33f. – Fremersdorf, Schliffgläser 117 Taf. 126 links.

Abb. 112. Form 12d. Kat. 62. Inv. L 928.
Abb. 111. Form 12d. Kat. 62. Inv. L 928. M. 1:2.
Abb. 113. Becher aus Köln, Luxemburger Straße. The Corning Museum of Glass. Inv. 63.1.8.

Grabtypus und Fundlage: Der Becher wurde in einem Brandgrab nicht näher bekannter Form gefunden. Auf Grund der Spiegelbeigabe dürfte es ein Frauengrab gewesen sein.

Form und Technik: Der Becher gehört zu den in Köln seltenen Gläsern, die aus einem Rohling geschliffen wurden. Auch der ausgebogene Rand und der Standring sind aus der Masse gearbeitet. Die Wandung wurde mit geschwungenen Längsriefen in Hochschnitt verziert, wobei glatt polierte Reliefstege mit matter wirkenden Furchen wechseln. Ein in Schlifftechnik und Dekor, in Glasmasse und Maßen (H. 8,9 cm, Rand Dm. 5,6 cm) entsprechendes Gefäß befindet sich in Corning, N.Y.[510]. Es wurde ebenfalls an der Luxemburger Straße in Köln gefunden, sein Grabkontext ist jedoch nicht bekannt. Die Übereinstimmungen sind so groß, daß beide Becher aus derselben Werkstatt stammen müssen.

Aus Rohlingen wurden auch die Facettbecher Form Isings 21 geschliffen. Bei einer Gruppe dieser Gläser wurde wie bei den Fundstücken von der Luxemburger Straße ein Reliefsteg unterhalb des Randes stehen gelassen[511]. Allerdings haben die Facettbecher außer der Randleiste eine zweite Leiste oberhalb des Fußes, die bei den beiden Kölner Gläsern nicht vorhanden ist. Von der Technik abgesehen sind die Gefäßform und der Dekor nicht vergleichbar.

Verwendung und Gefäßkombination: Der Becher gehört zu den Trinkgefäßen. Er war mit sieben weiteren Glasformen kombiniert, s. Taf. 69.

Datierung: Grab 48 ist in das späte 2. oder frühe 3. Jahrhundert anzusetzen. Da Becher mit Hochschnitt in dieser Zeit nicht nur in Köln außergewöhnlich sind, stellt sich die Frage, ob das Glas mehr oder weniger zeitgleich mit der Anlage des Grabes entstanden ist oder als Altstück beigegeben wurde. Das maßgleiche Exemplar in Corning wurde 1964 als eine Arbeit des 3. Jahrhunderts publiziert. Neuerdings hat es D. Whitehouse in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts datiert mit Hinweis auf zwei Gefäße mit geschliffenen Riefen – ein Teller und eine Griffschale – aus dem Schatzdepot eines Königs des Kushanreiches in Kapiça (Begram, Afghanistan)[512]. Folgt man der Frühdatierung dieser Schliffgläser, die vermutlich aus einer östlichen Werkstatt ins Kushanreich importiert wurden, dann muß der Kölner Becher als eine Antiquität in das Grab des späten 2. bis 3. Jahrhunderts gelangt sein. Anders als Whitehouse nimmt A. von Saldern an, daß die ‚strigilierten‘ Gläser aus Begram erst im 2. Jahrhundert entstanden sind und vermutet eine entsprechende Datierung für die beiden Becher von der Luxemburger Straße in Köln und Corning[513].

Bisher ist kein vergleichbarer Becher der Form 12d aus einem gesicherten Grabkontext bekannt. Es gibt jedoch eine Reihe von Siedlungsfunden, welche die Verbreitung von Gläsern mit Riefenschliff auch im Westen belegen. Allerdings sind die Fragmente, die aus farblosem, heute getrübtem Glas bestehen, so stark zerscherbt, daß sich die Gefäßform nicht rekonstruieren läßt. In Buchs (CH) wurde ein Wandungsfragment mit S-förmigen Schliffen in einem römischen Gutshof ausgegraben. Das Bruchstück stammt aus einer Schuttschicht, die in die erste Hälfte, vielleicht gegen die Mitte des 2. Jahrhunderts datierbar ist[514]. In Orange, Vaucluse (F) wurden zwei Fragmente in der römischen Villa von La Brunette gefunden, von denen eines in der Zerstörungsschicht der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts lag[515]. Über den Verbleib eines Bruchstücks mit Riefenschliff ehemals im Museum von Ptuj/Poetovio (Slowenien) ist nichts bekannt[516]. Die Frage nach der Datierung und dem Herstellungsort der beiden Becher von der Luxemburger Straße ist somit noch nicht abschließend geklärt.