Form 9
Halbkugeliger Becher mit scharfem Rand  

Form 9a  Becher mit und ohne Schlifflinien

Vgl. Form Isings 96; Trier 49a–b; Gellep 178–180

Kat. 15 Becher, Inv. L 1040

Grab 65

H. 6,5 cm. Rand Dm. 7,1 cm.

Glas farblos. Schlieren. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Boden zu kleiner Standfläche abgeflacht. Rand schräg nach außen gebogen, abgesprengt und leicht überschliffen. Am Rand, im oberen und mittleren Teil der Wandung Schlifflinien.

Zusammengesetzt, kleine Fehlstelle.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 52. Form 9a. Kat. 15. Inv. L 1040.
Abb. 51. Form 9a. Kat. 15. Inv. L 1040. M. 1:2.

Kat. 16 Becher, Inv. 36,177

Grab 70

H. 4,3 cm. Rand Dm. 5,2 cm.

Glas farblos, jetzt milchig aussehend. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Standfläche abgeflacht. Rand leicht nach außen gebogen, abgesprengt und überschliffen. Am Rand und im oberen Teil der Wandung je zwei Schlifflinien, im unteren Teil vier Schlifflinien.

Sprünge, Rand bestoßen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 53. Form 9a. Kat. 16. Inv. 36,177. Zeichnung M. 1:2.
Abb. 53. Form 9a. Kat. 16. Inv. 36,177. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 17 Becher, Inv. 67,855

Grab 108

H. 8 cm. Rand Dm. 7 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Standfläche abgeflacht. Rand schräg nach außen gebogen, abgesprengt und überschliffen. Über die Wandung verteilt vier Zonen mit Schlifflinien.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 54. Form 9a. Kat. 17. Inv. 67,855.
Abb. 54. Form 9a. Kat. 17. Inv. 67,855. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 18 Becher, Inv. 67,891

Grab 88

H. 4,8 cm. Rand Dm. 10,3 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer Halbkugel. Boden leicht nach innen gewölbt. Rand senkrecht, innen leicht gekehlt, abgesprengt und überschliffen. Unterhalb des Rands Schlifflinien. Im oberen Teil der Wandung ein Band von Schlifflinien.

Zusammengesetzt und ergänzt. Rand bestoßen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 55. Form 9a. Kat. 18. Inv. 67,891.
Abb. 55. Form 9a. Kat. 18. Inv. 67,891. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 19 Becher, Inv. 67,893

Grab 88

H. 6 cm. Rand Dm. 9,2 cm.

Glas grünlich. Schlieren. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Boden leicht nach innen gewölbt. Rand senkrecht, innen gekehlt, abgesprengt und teilweise überschliffen. Unterhalb des Rands Schlifflinie, etwa in der Wandungsmitte schwache Doppellinie.

Sprünge in der Wandung.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 56. Form 9a. Kat. 19. Inv. 67,893.
Abb. 56. Form 9a. Kat. 19. Inv. 67,893. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 20 Becher, Inv. 67,1238

Grab 107

H. 5,4 cm. Rand Dm. 8,1 cm.

Glas farblos, durchsichtig. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Rand senkrecht, unregelmäßig abgesprengt und mit einer doppelten Schlifflinie versehen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 57. Form 9a. Kat. 20. Inv. 67,1238
Abb. 57. Form 9a. Kat. 20. Inv. 67,1238. Zeichnung M 1:2.

Kat. 21 Becher, Inv. 67,1352

Grab 93

H. 6 cm. Rand Dm. 9 cm.

Glas grünlich. Schlieren. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Boden leicht abgeflacht. Rand senkrecht, abgesprengt und nicht überschliffen.

Zusammengesetzt. Rand bestoßen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 58. Form 9a. Kat. 21. Inv. 67,1352.
Abb. 58. Form 9a. Kat. 21. Inv. 67,1352. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 22 Becher, Inv. 67,1432

Grab 101

H. 5 cm. Rand Dm. 9 cm.

Glas grünlich. Schlieren. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer Halbkugel. Boden leicht abgeflacht. Rand senkrecht, abgesprengt und nicht überschliffen.

Zusammengesetzt, unvollständig.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 59. Form 9a. Kat. 22. Inv. 67,1432.
Abb. 59. Form 94. Kat. 22. Inv. 67,1432. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 23 Becher, wohl Form 9a, Inv. Glas 804; verloren

Grab 98

H. 6 cm. Dm. 8,6 cm.

„farblos durchsichtig“; „wabkugelig mit konkaver Steh-fläche, Rand scharf abgeschnitten.“

Lit.: unpubliziert[412].

Form 9 ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, Nr. 883–918 Taf. 46 Nr. 886.

Grabtypus und Fundlage: Sämtliche Gefäße außer Becher Kat. 17 stammen aus Körpergräbern. Die beiden Gläser Kat. 18 und Kat. 19 lagen zusammen in einer Holzkiste in Grab 88. In drei Fällen wurden sie jeweils innerhalb des Sargs lokalisiert: Becher Kat 20 befand sich am rechten Fuß, Kat. 21 neben dem Kopf des Bestatteten. Die Lage von Kat. 22 innerhalb des Sargs läßt sich nicht mehr ermitteln. Über das Geschlecht der Bestatteten kann nichts ausgesagt werden. In Grab 101 und wahrscheinlich auch in Grab 70 war jeweils ein Kind beigesetzt.

Form und Technik: Die halbkugeligen Gefäße gehören zur heterogenen Bechergruppe Form Isings 96. Nach der Gestaltung des Rands können Gläser mit abgesprengtem und scharf belassenem Rand von solchen mit verrundetem Rand Form 10 unterschieden werden. Sie kommen mit schlankem oder breiterem Umriß vor sowie mit senkrechtem oder ausgebogenem Rand, was als verschiedene Varianten derselben Form bewertet werden darf[413]. Bei den niedrigen Bechern ist der Rand meist senkrecht, bei den Gefäßen in Form einer überhöhten Halbkugel kann er nach außen gebogen sein, wie bei Kat. 15 und Kat. 17 (Inv. L 1040; 67,855). Die Becher bestehen aus farblosem oder leicht grünlichem Glas mit Schlieren. Sie sind entweder völlig unverziert oder mit einfachen Schlifflinien versehen.

Verwendung und Gefäßkombination: Die Becher sind Trinkgefäße. In Grab 88 waren zwei Exemplare gleicher Form und ein Glaskrug (Form 58b) in einer hölzernen ‚Geschirrkiste‘ niedergelegt. Ein dritter Becher (Form 11a) lag in einer weiteren Holzkiste. In Grab 93 waren zwei Becher unterschiedlicher Form (Form 9a und Form 11d) kombiniert (Taf. 128). Eine Verdoppelung der Becherbeigabe ist u. a. auch in Gellep, Grab 1238 nachgewiesen[414].

Datierung: Die Exemplare Kat. 15 und Kat. 16 lagen in Gräbern, die noch aus der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts stammen könnten; ihre Einordnung in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts scheint auch möglich. Kat. 18 und Kat. 19 sind nach Ausweis von Münzen nach 316 n. Chr. in Grab 88 gelangt. Die übrigen Beispiele Kat. 17, 20, 21 und Kat. 22 können durch den Fundzusammenhang der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts zugewiesen werden. Eine Parallele zu Becher Kat. 17 in Form einer überhöhten Halbkugel mit ausgebogenem Rand bildet das Glas Inv. 26,897 aus Köln-Müngersdorf. Es soll aus Grab 35 stammen, das Fremersdorf wegen einer Münze von 97 n. Chr. um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert ansetzt; der Fund scheint jedoch gestört und der Becher nicht zugehörig zu sein[415]. Diese Annahme unterstützt ein Exemplar gleicher Form aus Grab 256 an der Jakobstraße, das Münzen auf die Zeit nach 341/346 n. Chr. festlegen[416]. Ein Vergleichsstück zum Becherchen Kat. 16 stammt aus der Nekropole bei St. Severin in Köln. Das Grab I,56 mit einer Altmünze antoninischer Zeit wird in das 3. Jahrhundert angesetzt[417]. Weitere Fundstücke kamen bei Ausgrabungen an der Jakobstraße zum Vorschein. Fünf Becher aus den Gräbern 59, 112, 235 und 256 sind nach Ausweis von Münzen nicht vor 308/313, 313/317, 293/305 bzw. 341/346 n. Chr. in die Erde gekommen[418]. Die beiden Exemplare aus den Gräbern 81 und 254 sind ebenfalls in das 4. Jahrhundert datierbar[419].

Zahlreiche Becher wurden in Gellep ausgegraben. In der Publikation von 1966 werden 17 Stücke breiter und schlanker Form aufgeführt, die sämtlich aus dem 4. Jahrhundert stammen[420]. Rund 40 weitere Exemplare kamen bei den nachfolgenden Grabungskampagnen zutage[421]. Die Bestattungen sind überwiegend in die erste Hälfte bzw. in das zweite Drittel des 4. Jahrhunderts einzuordnen. Dies scheint auch die Hauptgebrauchszeit der Gläser in Köln gewesen zu sein. Die halbkugeligen Becher waren, wie die zahlreichen Funde belegen, eine bevorzugte Glasbeigabe in Gräbern des 4. Jahrhunderts in Köln und anderen niedergermanischen Zentren.

Form 9b Becher mit geometrischem Schliff

Vgl. Form Isings 96 b1, AR 60.1; Gellep 842

Kat. 24 Becher, Inv. Glas 528

Grab 78

H. 10 cm. Rand Dm. 10 cm.

Glas grünlich. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Gerundeter Boden mit kleiner Standfläche, von einem Rundschliff (‚Bodenkugel‘) gebildet. Rand abgesprengt, schräg nach außen gebogen und überschliffen. Auf der Wandung drei Zonen mit Schliffverzierung: unterhalb des Randes 15 horizontal angeordnete kleine Facetten, oben von einer einfachen Linie, unten von einer Doppellinie eingefasst. Auf der mittleren Wandung ein Fries von dreizehn spitzgiebeligen Feldern, gefüllt mit senkrecht stehenden Facetten. Im unteren Bereich fünf Schliffovale eingefasst von hängenden Bögen. An den Enden der Bogenlinien rechteckige Schliffe, von denen seitlich je zwei Schräglinien ausgehen. In den kurvigen Zwickeln um die ‚Bodenkugel‘ je zwei parallele kurze Schlifflinien.

Lit.: Fremersdorf, Schliffgläser 80–81 Taf. 55.

Abb. 60. Form 9b. Kat. 24. Inv. Glas 528.
Abb. 60. Form 9b. Kat. 24. Inv. Glas 528. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 25 Becher, Inv. 35,762

Grab 79

H. 9,6 cm. Rand Dm. 10,5 cm.

Glas farblos, jetzt milchig aussehend. Im unteren Teil dickwandig. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Relativ kleine Standfläche, von einem Rundschliff (‚Bodenkugel‘) gebildet. Rand abgesprengt, schräg nach außen gebogen und überschliffen. Unterhalb des Randes eine Doppellinie, darunter gegeneinander versetzt horizontale kurze Schliffe. Auf der mittleren Wandung eine Zone vertikaler Schlifflinien in zwei Reihen versetzt angeordnet, oben und unten von je einem breiten Band feiner Schlifflinien eingefasst. Im unteren Teil der Wandung sechs Rundschliffe gerahmt von hängenden Bögen. Zwischen den Bogenlinien senkrechte Schlifflinien, die von kurzen Horizontallinien begrenzt bzw. unterbrochen werden. Oberhalb des Bodenumbruchs kurze schmale senkrechte Schliffe.

Zusammengesetzt und ergänzt.

Lit.: Fremersdorf 1937a, 47 Taf. 12,10. – Fremersdorf, Schliffgläser 78 Taf. 49.

Abb. 61. Form 9b. Kat. 25. Inv. 35,762.
Abb. 61. Form 9b. Kat. 25. Inv. 35,762. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 26 Becher, Inv. 36,163

Grab 69

H. 5,8 cm. Rand Dm. 9,7 cm.

Glas farblos. Freigeblasen.

Halbkugeliger Gefäßkörper. Standfläche in Form eines Rundschliffs (‚Bodenkugel‘). Rand schräg nach außen gebogen, abgesprengt und sorgfältig überschliffen. Auf der Wandung ein tief eingeschliffener Dekor: von der ‚Bodenkugel‘ gehen sternförmig acht spitze Zacken mit tiefen Konturlinien aus. Im Innern der Zacken dünnere Schlifflinien parallel zu den Konturen sowie ein gitterartiges Füllmuster aus sich kreuzenden Linien. Zwischen den Zackenspitzen insgesamt acht Schliffovale, die jeweils durch zwei horizontale und eine vertikale Schlifflinie mit den Zacken verbunden sind. Oberhalb der Zacken eine Zone oben und unten von umlaufenden dünnen Schlifflinien gerahmt. Darin ein Fries aus dreizehn Rauten mit breiten Konturlinien und gegitterter Füllung. In den dreieckigen Zwickeln zwischen den Rauten horizontale Schlifflinien. Unterhalb des Becherrandes kurze horizontale Schliffe zwischen zwei umlaufenden Doppellinien.

Zusammengesetzt.

Lit.: Fremersdorf 1951, 19 Taf. 18,1. – Doppelfeld 1966, Abb. 152. – Elbern 1966, 65 f. Abb. 2. – Fremersdorf, Schliffgläser 95 Taf. 85.

Abb. 63. Form 9b. Kat. 26. Inv. 36,163.
Abb. 63. Form 9b. Kat. 26. Inv. 36,163.
Abb. 62. Form 9b. Kat. 26. Inv. 36,163. M. 1:2.

Form 9b ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, Nr. 327 Taf. 26, Nr. 328 Taf. 27, Nr. 333 Taf. 26. – Fremersdorf, Schliffgläser 68 Taf. 32 (Inv. N 333).

Grabtypus und Fundlage: Die Becher wurden Brand- und Körpergräbern beigegeben. Die Gefäße Kat. 25 und Kat. 26 standen ungeschützt außerhalb der Asche in den Gruben der Brandbestattungen von Grab 79 und Grab 69. Über die Lage von Kat. 24 in Körpergrab 78 ist nichts bekannt. Hier handelte es sich vermutlich um die Bestattung einer weiblichen Person.

Form und Technik: Die halbkugeligen Becher mit Schliffdekor sind unterschiedlich proportioniert. Neben der tiefen Gefäßform einer überhöhten Halbkugel von Kat. 24 und Kat. 25 steht die niedrige Form Kat. 26. Erstere zeigen ein wenig eingetieftes spitzgiebeliges Muster, das sog. Fensterornament, bzw. von Bögen gerahmte Schliffovale. Kat. 26 ist mit kunstvollem Tiefschnitt dekoriert. Dabei wurden in die Außenwand ein sternförmiger Zackenkranz und Rauten mit gegitterter Füllung geschliffen. Der Rand der Gefäße ist jeweils schräg nach außen gebogen, abgesprengt und überschliffen.

Verwendung und Gefäßkombination: Die Becher gehören zur Ausstattung des Toten mit Trinkgeschirr. Im Innern von Kat. 26 lagen zwei weitere Gläser (Form 10c und eines unbestimmter Form), so dass der Becher sicher nicht mit einem Getränk gefüllt war, als es ins Grab gestellt wurde.

Datierung: Die drei Becher stammen aus einer Zeit, als an der Luxemburger Straße Brand- und Körperbestattungen nebeneinander vorgenommen wurden. Grab 69 mit dem facettierten Becher Kat. 26 ist ohne gut datierbare Beifunde. Es dürfte jedoch wegen der Bestattungsform der Leichenverbrennung und nach Parallelen aus anderen Fundorten noch in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts anzusetzen sein[422]. Grab 78 mit Kat. 24 wurde nach Ausweis einer Münze nach 272/274 n. Chr. angelegt. Bei Grab 79 ist die 183/185 n. Chr. geprägte Münze hingegen ein Altstück, das keine nähere zeitliche Eingrenzung der Bestattung erlaubt.

In Köln wurden abgesehen von den drei Exemplaren zwar zahlreiche weitere Schliffbecher gefunden. Es sind jedoch meist Altfunde ohne eine entsprechende Grabungsdokumentation. So sind die Becher mit dem sog. Fensterornament ähnlich dem spitzspitzgiebeligen Muster von Kat. 24 nicht näher datierbar[423]. Nach einem Fund in Wederath (Trier) zu schließen, ist das Schliffmotiv bereits im frühen 3. Jahrhundert nachweisbar[424]. Ein Beispiel für seine spätere Verwendung ist ein hoher Becher mit flüchtig gearbeitetem Schliffdekor aus Grab 102 an der Jakobstraße in Köln[425]. Nach der Beschreibung der verlorenen Beifunde stammte der Komplex aus dem 4. Jahrhundert.

Die gerundeten Schliffe gerahmt von hängenden Bögen, die als weiteres Motiv auf den Bechern Kat. 24 und Kat. 25 vorkommen, sind in Köln mehrfach belegt[426]. Ein Beispiel ist der glockenförmige Becher Inv. N 328 von der Luxemburger Straße[427]. Die vertikale Strichelung auf der Wandung von Kat. 25 findet sich ebenfalls auf zahlreichen Schliffbechern aus den Nekropolen der CCAA, u. a. auch auf dem kleinen Exemplar Inv. N 333 von der Luxemburger Straße[428]. Ein glockenförmiges Gefäß aus Grab 85 in Neuss, das eine Münze von 177/192 n. Chr. enthielt, könnte ein Hinweis dafür sein, daß das Motiv im 3. Jahrhundert aufgekommen ist[429].

Der qualitätvolle Becher Kat. 26 mit dem tief eingeschliffenen gegitterten Rautenmuster hat seine nächste Parallele in einem Fundstück aus unbekanntem Zusammenhang vom Mauspfad/Amsterdamer Straße in Köln[430]. Das Gittermuster kommt außer auf Bechern auch auf zahlreichen Gläsern anderer Formen vor. Es ist außerhalb von Köln auch im übrigen Rheingebiet relativ verbreitet[431]. Ein datierbares Beispiel konischer Form 11b (Isings 106c) mit Gittermuster wurde in Gellep in Grab 2253 der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts gefunden[432]. Aus dortigem Friedhof stammt auch ein Becher in Form einer überhöhten Halbkugel, der Facetten und mit Kugelschliffen gefüllte Sechsecke zeigt. Das Brandgrab 5595 mit einer Münze von 259 n. Chr. ist in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts angelegt worden[433].

Die fundgesicherten Schliffgläser sprechen dafür, daß die hauptsächliche Gebrauchszeit von Bechern in Form einer überhöhten Halbkugel das spätere 3. und das 4. Jahrhundert gewesen ist. Die Laufzeit der niedrigen Schliffbecher, vor allem ihr Einsetzen, läßt sich aus dem Kölner Fundmaterial bisher nicht sicher bestimmen. Immerhin können TS-Näpfe der Form Drag. 41 mit eingeschnittener Verzierung einen chronologischen Hinweis liefern. Da diese Dekorationsweise bereits bei Funden des Niederbieber-Horizontes belegt ist, muß mit dem Aufkommen der Glasschliffbecher, die Vorbilder für die Terra sigillata waren, mindestens in dieser Zeit gerechnet werden[434]. Auch bei getriebenen Silberbechern (Eggers Form 179 Leuna) wird Schliffdekor nachgeahmt. Dabei sind runde Schliffe besonders beliebt[435]. Ein Beispiel ist der Silberbecher aus einem Sarkophag in Rheinbach-Flerzheim, der in das letzte Viertel des 3. Jahrhunderts datiert wird[436].

Die Gläser von der Luxemburger Straße werfen erneut die Frage auf, ob Becher mit geometrischem Schliff in Kölner Glashütten hergestellt wurden[437]. Um eine Antwort geben zu können, wäre es notwendig anhand der Ornamentmotive zunächst Werkstattgruppen zu unterscheiden, was bisher nicht gelungen ist. Bestimmte Motive, wie die kreuzschraffierten Rauten, sind geographisch weit verbreitet. So ist z. B. ein Schliffbecher mit diesem Ornament aus Augst (CH) bekannt[438]; Anhaltspunkte für einen Warenaustausch zwischen Augusta Raurica und der CCAA liegen allerdings nicht vor. Handelsbeziehungen haben dagegen mit Sicherheit zwischen Trier und Köln bestanden, wie u. a. der Keramikimport Trierer Spruchbecher belegt. Dennoch ist in Köln mit Schliffgläsern aus Trierer Glashütten kaum zu rechnen, angesichts der wenigen Bodenfunde vor Ort[439]. Die Fundmenge in Köln ist ungleich größer als die in Trier oder an anderen Fundplätzen der nordwestlichen Provinzen. Insofern sind Werkstätten, die auf Glasschliff spezialisiert waren, in der CCAA bzw. ihrem vorstädtischen Umland im 3.–4. Jahrhundert anzunehmen.

Form 9c Becher mit Nuppen

Vgl. Form Isings 96 b2a; Trier 49c; Gellep 182

Kat. 27 Nuppenbecher, Inv. 59,133

Grab 72

H. 7,3 cm. Rand Dm. 9,6 cm.

Glas farblos, jetzt milchig aussehend. Nuppen grün, braungelb, auberginefarben. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Boden leicht abgeflacht. Rand abgesprengt und überschliffen. Unterhalb des Randes zwei doppelte Schlifflinien. Auf der Wandung drei große runde Nuppen (grün, gelb, auberginefarben) im Wechsel mit jeweils sechs kleinen traubenförmig angeordneten Nuppen. Diese jeweils in den Farben der beiden angrenzenden großen Nuppen.

Zusammengesetzt. Sprünge.

Lit.: Fremersdorf, Nuppengläser 31 Taf. 36. – Binsfeld – Strunk 1970, 109 Taf. 34,2.

Abb. 64. Form 9c. Kat. 27. Inv. 59,133.
Abb. 64. Form 9c. Kat. 27. Inv. 59,133. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 28 Nuppenbecher, Inv. 61,910

Grab 106

H. 7,5 cm. Rand Dm. 11 cm.

Glas grünlich. Nuppen grün, braun. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Boden abgeflacht. Rand leicht nach außen gewölbt und innen gekehlt, abgesprengt und sorgfältig überschliffen. Unterhalb des Randes ein Band von feinen Schlifflinien. In der Mitte der Wandung eine Reihe aus insgesamt vier großen und vier kleinen Nuppen. Auf eine kleine und eine große grüne Nuppe folgen jeweils eine kleine und eine große braune Nuppe.

Zusammengesetzt.

Lit.: Fremersdorf, Nuppengläser 28. – Römer am Rhein 270 Nr. D 82.

Abb. 65. Form 9c. Kat. 28. Inv. 61,910.
Abb. 65. Form 9c. Kat. 28. Inv. 61,910. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 29 Nuppenbecher, Inv. 67,905

Grab 86

H. 11 cm. Rand Dm. 12,4 cm.

Glas farblos, grünlich schimmernd. Nuppen gelbbraun, grün, blau. Glasmasse der Nuppen durch Flugasche leicht verunreinigt. Freigeblasen.

Gefäßkörper in Form einer überhöhten Halbkugel. Boden abgeflacht. Rand innen gekehlt, abgesprengt und sorgfältig überschliffen. Auf dem Rand außen eine Schlifflinie. Im oberen Teil der Wandung ein breites Band zarter Schlifflinien, begrenzt von zwei kräftigen Linien. Darunter im Wechsel zwei große gelbbraune und zwei große grüne runde Nuppen mit Nabel, zwischen ihnen jeweils ein kleiner blauer Glastropfen.

Zusammengesetzt. Fehlstelle im Rand. Boden mit Gebrauchsspuren.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 66. Form 9c. Kat. 29. Inv. 67,905.
Abb. 66. Form 9c. Kat. 29. Inv. 67,905. Zeichnung M. 1:2.

Kat. 30 Nuppenbecher, Inv. 67,1431

Grab 101

H. 6,5 cm. Rand Dm. 6,5 cm

Glas farblos, Schlieren. Nuppen blau, braungelb. Freigeblasen.

Ovaler Gefäßkörper. Boden zu kleiner Standfläche abgeflacht. Rand abgesprengt, heute schartig. Auf dem unteren Teil der Wandung eine Reihe aus acht aufgetropften Nuppen: eine größere und eine kleine Nuppe aus blauem Glas wechselt mit einer größeren und einer kleinen Nuppen aus braunem Glas.

Zusammengesetzt. Kleinere Ausbrüche. Rand bestoßen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 67. Form 9c. Kat. 30. Inv. 67,1431.
Abb. 67. Form 9c. Kat. 30. Inv. 67,1431. Zeichnung M. 1:2.

Form 9c ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, 16 Taf. 9 Nr. 136; 12 Nr. 139. – Fremersdorf, Nuppengläser 24–25 Taf. 8–9, 12; 28–29 Taf. 23–24, 29.

Grabtypus und Fundlage: Sämtliche Funde außer Becher Kat. 27 stammen aus Körpergräbern und lagen innerhalb des Sargs: Kat. 28 auf dem rechten Fuß, Kat. 29 zu Füßen des Bestatteten. Nach der Zusammensetzung der Beigaben zu schließen dürften es weibliche Verstorbene gewesen sein. Das Glas Kat. 30 fand sich im Körpergrab eines Kindes in Brusthöhe.

Form und Technik: Die Becher haben einen senkrechten abgesprengten Rand, der im Unterschied zu den Nuppenbechern Form Isings 107b und Trier 49c nicht mit einem farbigen Faden belegt ist[440]. Die Becher entsprechen damit den buntfarbigen Nuppenbechern Form Gellep 182 ohne Fadenring[441]. Die Nuppen kommen in den drei Grundfarben grün, braungelb und blau vor. Die großen Auflagen von Kat. 29 sind mit einem eingedrückten ‚Nabel‘ verziert. An den großen und kleinen Nuppen ist zu beobachten, dass die Glasmasse unten dünner als im oberen Teil ist. Offenbar wurde nach dem Auftropfen des Postens auf die Wandung das überschüssige Glas nach oben weggezogen. Dafür spricht auch, daß einige Nuppen oben mit einer Spitze enden.

Verwendung und Gefäßkombination: Die Becher gehören zum Trinkgeschirr.

Datierung: Das Brandgrab mit Becher Kat. 27 scheint noch aus dem 3. Jahrhundert zu stammen, ist jedoch nicht sicher zu datieren. Grab 86 mit Kat. 29 ist nach den mitgefundenen Münzen nach 303/305 n. Chr. angelegt worden. Auch die Gräber 106 und 101 mit Kat. 28 und 30 sind in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts anzusetzen. In Gellep kamen drei Beispiele in den Gräbern 1023, 2906 und 3506 zum Vorschein, die in die erste Hälfte oder die Mitte des 4. Jahrhunderts datierbar sind[442].

Aus dem Fundmaterial der Luxemburger Straße lassen sich keine gesicherten Erkenntnisse darüber gewinnen, wann Gläser mit farbigen Nuppen in Köln aufkommen. Die Verzierungstechnik wurde für Becher unterschiedlicher Form verwendet. Das hohe Exemplar (Form Trier 52b) aus Köln, Jakobstraße zählt nach F. Fremersdorf zu den frühen Exemplaren dieser Technik, da es mit zwei Münzen von 161 n. Chr. gefunden wurde[443]. Die antoninischen Münzen sind jedoch nicht datierend, denn Grab 255 wurde nach neueren Erkenntnissen erst gegen Ende des 3. Jahrhunderts oder im 4. Jahrhundert angelegt[444]. Ein Beispiel mit einfarbigen blauen Nuppen wurde 1888 am Friesenplatz in Köln in einer Aschenkiste geborgen, die wahrscheinlich aus dem letzten Viertel des 3. Jahrhunderts stammte[445]. Das zylindrische Glas (Form etwa Trier 47b) unterscheidet sich in Gefäßform und den kleinen aufgetropften Auflagen von den halbkugeligen Bechern mit Nuppen. Ein konisches Fundstück (Form Trier 52b) stammt aus einer Bestattung der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Köln-Braunsfeld[446]. Die datierbaren Funde sprechen dafür, daß die hauptsächliche Gebrauchszeit der mehrfarbigen Nuppenbecher in Köln die erste Hälfte und die Mitte des 4. Jahrhunderts gewesen ist. Für das Aufkommen der Verzierungstechnik bereits im 2. Jahrhundert, wie F. Fremersdorf annahm, gibt es keine Belege. Das Brandgrab 72 ist ein möglicher Hinweis dafür, daß man in Köln seit dem späten 3. Jahrhundert Gläser mit mehrfarbigen Nuppen verziert hat.