Form 54
Flasche mit zylindrischem Gefäßkörper  

Vgl. Form Isings 100a; Trier 140; Gellep 304; AR 155

Kat. 210 Flasche (Delphinflasche?), Inv. L 1038

Grab 65

H. noch 7,5 cm.

Glas farblos. Halbform.

Erhalten ist nur der zylindrische Gefäßkörper. Boden eingewölbt; Heftnarbe (!).

Lit.: unpubliziert.

Abb. 277. Form 54. Kat. 210. Inv. L 1038.
Abb. 277. Form 54. Kat. 210. Inv. L 1038. M. 1:2.

Kat. 211 Flasche, Inv. L 1039

Grab 65

H. 12,8 cm.

Glas farblos. Halbform.

Zylindrischer Gefäßkörper. Boden leicht eingewölbt. Enger, zylindrischer Hals unten eingeschnürt. Rand gerade abgesprengt. Zwischen Hals und Schulter zwei angesetzte kleine sog. Delphin-Ösenhenkel.

Zusammengesetzt. Fehlstellen in der Wandung.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 278. Form 54. Kat. 211. Inv. L 1039.
Abb. 278. Form 54. Kat. 211. Inv. L 1039. M. 1:2.

Kat. 212 Flasche, Inv. 35,447

Grab 81

H. 12 cm.

Glas farblos. Halbform.

Zylindrischer Gefäßkörper. Boden abgeflacht. Enger, zylindrischer Hals. Auf den abfallenden Schultern zwei angesetzte kleine sog. Delphin-Ösenhenkel. Auf dem Gefäßkörper vier Zonen mit Schlifflinien.

Zusammengesetzt. Kleinere Fehlstellen in der Wandung. Rand bestoßen.

Lit.: Fremersdorf – Polónyi, Farblose Gläser 89 Nr. 200 mit Abb.

Abb. 280. Form 54. Kat. 212. Inv. 35,447.
Abb. 279. Form 54. Kat. 212. Inv. 35,447. M. 1:2.

Kat. 213 Flasche, Inv. 36,174

Grab 70

H. 10,3 cm.

Glas farblos. Schlieren. Halbform.

Zylindrischer Gefäßkörper. Hals unten eingeschnürt. Zwischen Hals und Schulter zwei angesetzte kleine sog. Delphin-Ösenhenkel. Auf dem Hals doppelte Schlifflinien. Auf dem Gefäßkörper oben, unten und in der Mitte jeweils doppelte Schlifflinien.

Zusammengesetzt. Rand bestoßen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 281. Form 54. Kat. 213. Inv. 36,174.
Abb. 281. Form 54. Kat. 213. Inv. 36,174. M. 1:2.

Kat. 214 Flasche, Inv. 36,175; verloren

Grab 70

H. noch 8,5 cm.

„Stark beschädigtes Delphinfläschchen“ (vgl. Inv. 36,174).

Lit.: unpubliziert.

Kat. 215 Flasche, Inv. 36,176; verloren

Grab 70

„Nicht zusammensetzbare Scherben eines Delphinfläschchens“ (vgl. Inv. 36,174).

Lit.: unpubliziert.

Kat. 216 Flasche, Inv. 67,1303

Grab 63

H. 15 cm.

Glas farblos, dickwandig. Schlieren. Halbform.

Zylindrischer Gefäßkörper. Boden leicht eingewölbt. Zylindrischer Hals eingeschnürt. Rand gerade abgesprengt. Zwischen Hals und Schulter zwei angesetzte sog. Delphin-Ösenhenkel. Auf dem Gefäßkörper oben, unten und in der Mitte jeweils zwei doppelte Schlifflinien.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 282. Form 54. Kat. 216. Inv. 67,1303.
Abb. 282. Form 54. Kat. 216. Inv. 67,1303. M. 1:2.

Form 54 ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, 40 Nr. 399–414 Taf. 33. – Doppelfeld 1966, Taf. 63 links. – Slg. Löffler 1976, 70 Nr. 251 Taf. 36,4.

Grabtypus und Fundlage: Die Gläser stammen aus Körpergräbern. Die relativ kleine Flasche Kat. 216 lag in Grab 63 im Kopfbereich der bestatteten Frau; Kat. 212 war in einem eigenen Holzkasten dem Grab 81 beigegeben. In Grab 70 waren die drei Exemplare Kat. 213–Kat. 215 gleichfalls in einem „Holzkasten“ niedergelegt. In diesem ist vermutlich nicht eine Grabbeigabe, sondern der Holzsarg eines Kindes zu sehen. Über die Fundlage der Flaschen Kat. 210 – Kat. 211 in Grab 65 ist nichts bekannt.

Form und Technik: Die Flaschen wurden in eine zylindrische Halbform geblasen, die sich nach oben leicht verbreiterte. Der Boden ist glatt außer beim fragmentierten Gefäß Kat. 210, das als einziges eine Heftnarbe aufweist[898]. Die beiden Henkel wurden nach dem Blasen frei geformt. Hierzu wurde jeweils ein dicker Glasfaden auf die Schulter aufgelegt, am Hals hochgezogen und über einem Stäbchen oder ähnlichem zurückgefaltet, so dass eine Öse entstand. Nach der Ähnlichkeit der Henkel mit springenden Delphinen werden die Gefäße auch als Delphinflaschen bezeichnet. Mehrere der Flaschen wurden im erkalteten Zustand mit drei oder mehr Gruppen von Schlifflinien verziert. Die Höhe der vorgelegten Exemplare beträgt 10–15 cm. Es wurden jedoch auch Beispiele mit einer Größe bis zu 30 cm an der Luxemburger Straße gefunden[899].

Verwendung und Gefäßkombination: In Grab 65 wurden entweder zwei oder drei Flaschen, in Grab 70 sicher drei Exemplare gefunden. Die Sitte der mehrfachen Beigabe ist bei dieser Gefäßform auch sonst häufig zu beobachten. In Hürth-Berrenrath, südlich von Köln gelegen, standen drei Flaschen neben einer Aschenkiste[900]; ein Körpergrab aus Köln, Hohenstaufenring war ebenfalls mit drei Gläsern ausgestattet[901]. In einem ‚Sarkophag‘ aus Zülpich-Enzen, auf den noch zurückzukommen sein wird, lagen vier oder fünf Flaschen, von denen drei gleich groß, die vierte etwas höher war. F. Fremersdorf hat in den ‚Delphinflaschen‘ Vorläufer der Eau-de-Cologne Flaschen sehen wollen[902]. In den besprochenen Exemplaren sind jedoch keine Reste, etwa von parfümierten Substanzen erhalten, welche die Bezeichnung ‚Parfumflasche‘ rechtfertigen würden. Einen Hinweis auf die mögliche Verwendung von Gefäßen mittlerer Größe liefert ein Fund aus Nimwegen in Leiden[903]. Die Flasche war mit einem Tragbügel ausgestattet, der mit einer Kette an den Delphinhenkeln einst befestigt war. Die Flasche konnte also ähnlich wie bestimmte Aryballoi an einem Bügel oder Henkel getragen und mit Salböl gefüllt als Toilette­gefäß verwendet werden. Eine relativ große Delphinflasche in Speyer (H. 32 cm) ist noch mit Flüssigkeit gefüllt, bei der es sich um Wein handeln soll[904], was aber kaum zutreffend ist. In Grab 63 war die Flasche die einzige Glasbeigabe.

Datierung: Grab 63 mit Kat. 216, das eine Münze sicher nach 168 n. Chr. datiert, wurde wohl in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts errichtet. Für Grab 65 mit Kat. 210–Kat. 211 liefern Münzen den terminus post quem von 241/243 n. Chr. Es ist wahrscheinlich in der zweiten Jahrhunderthälfte angelegt worden. In diese Zeit wird auch Grab 70 mit Kat. 213 auf Grund der Keramik angesetzt. Kat. 212 wurde bisher in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts datiert. Münzbeigaben in Grab 81 sichern jedoch, dass die Flasche erst nach 293/305 n. Chr. in die Erde gekommen ist.

Aus der CCAA und ihrem Umland sind weitere fundgesicherte ‚Delphinflaschen‘ bekannt. Die älteren Funde stammen aus Brandbestattungen. Das Grab beim Maria-Ablassplatz ist nach der Keramik zu schließen um 200 n. Chr. deponiert worden[905]. Bei St. Severin wurde eine Flasche in Brandgrab V,208 gefunden, das mit einer Münze von 161/180 n. Chr. und weiteren Beigaben des zweiten Viertels des 3. Jahrhunderts ausgestattet war[906]. Die genannte Aschenkiste aus Hürth-Berrenrath ist in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts in den Boden gekommen. J. Hagen beschreibt 1906 die heute unvollständig erhaltene Ausstattung eines Sandsteinsarkophags vom Kattenbug in Köln, der außer den Resten einer Delphinflasche eine Münze von 293/305 n. Chr. enthielt[907]. Das Körpergrab vom Hohenstaufenring mit den bereits erwähnten drei Flaschen stammt gleichfalls aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts.

Der ‚Sarkophag‘ aus Zülpich-Enzen wurde zunächst in die Zeit um 360 n. Chr. datiert. Grundlage hierzu waren dendrochronologisch bestimmte Kantholzproben[908]. Bei einer späteren Überprüfung stellte sich heraus, dass bei der Untersuchung ein Irrtum unterlaufen war, der die angeblich gesicherte Datierung hinfällig macht. Der ‚Sarkophag‘ enthielt eine Brandbestattung, war also eine große Aschenkiste mit reicher Ausstattung, die nach archäologischen Kriterien nun in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts angesetzt wird[909]. In Gellep wurden Flaschen aus den Brand- und Körpergräbern 3533, 3790 und 4324 der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts geborgen[910]. Weitere kamen in den Körpergräbern 1490 und 3272 des zweiten Drittels des 4. Jahrhunderts zutage[911]. Die Beispiele lassen schließen, dass ‚Delphinflaschen‘ im Fundgebiet besonders von der ersten Hälfte des 3. bis zur ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts verbreitet waren.