Form 34
Flasche/Unguentarium mit spindelförmigem Gefäßkörper  

Vgl. Form Isings 105; Trier 85; Gellep 219

Kat. 135 Flasche, Inv. L 1111

Grab 112

H. 14,1 cm.

Glas grünlich schimmernd. Blasen. Freigeblasen.

Langgestreckter Gefäßkörper, im unteren Teil spindelförmig verdickt und spitz zulaufend. Rand knapp nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet. Wandung unterhalb des Randes bei der Herstellung verdrückt.

Lit.: Morin-Jean 1913, 80 Abb. 81.

Abb. 191. Form 34. Kat. 135. Inv. L 1111.
Abb. 191. Form 34. Kat. 135. Inv. L 1111. M. 1:2.

Kat. 136 Flasche, Inv. L 1112

Grab 112

H. noch 13,8 cm.

Glas grünlich. Freigeblasen.

Spindelförmiger Gefäßkörper, in der unteren Hälfte verdickt. Langgezogenes massives Ende. Hals nach oben sich erweiternd. Rand nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet.

Spitze verloren. Sprung.

Lit.: Morin-Jean 1913, 80 Abb. 81.

Abb. 192. Form 34. Kat. 136. Inv. L 1112.
Abb. 192. Form 34. Kat. 136. Inv. L 1112. M. 1:2.

Kat. 137 Flasche, Inv. 35,887

Grab 103

H. 16,9 cm.

Glas farblos, jetzt milchig aussehend. Blasen. Freigeblasen.

Spindelförmiger Gefäßkörper, im Mittelteil verdickt. Gerundetes, massives unteres Ende. Dünner, zylindrischer Hals. Rand unregelmäßig weit nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet. Gefäßachse schief geneigt.

Zusammengesetzt. Fehlstelle im Mittelteil. Spitze bestoßen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 193. Form 34. Kat. 137. Inv. 35,887.
Abb. 193. Form 34. Kat. 137. Inv. 35,887. M. 1:2.

Kat. 138 Flasche, Inv. 61,860

Grab 73

H. 16 cm.

Glas bläulich, stark blasig. Freigeblasen.

Spindelförmiger Gefäßkörper mit kräftig gewölbtem Mittelteil. Das untere Ende gerundet. Rand nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 194. Form 34. Kat. 138. Inv. 61,860.
Abb. 194. Form 34. Kat. 138. Inv. 61,860. M. 1:2.

Kat. 139 Flasche, Inv. 61,907

Grab 106

H. noch 11,8 cm.

Glas farblos, jetzt milchig aussehend. Freigeblasen.

Spindelförmiger Gefäßkörper, im Mittelteil verdickt. Dünner Hals sich nach oben leicht erweiternd. Rand nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet.

Zusammengesetzt. Spitze verloren.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 195. Form 34. Kat. 139. Inv. 61,907.
Abb. 195. Form 34. Kat. 139. Inv. 61,907. M. 1:2.

Kat. 140 Flasche, Inv. 67,1026

Grab 84

H. 14,3 cm.

Glas grünlich. Blasen. Freigeblasen.

Spindelförmiger Gefäßkörper, im Mittelteil mit kleinen Dellen versehen. Gerundetes unteres Ende. Rand knapp nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet, nicht ange­-
drückt.

In der Wandung Fehlstelle.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 196. Form 34. Kat. 140. Inv. 67,1026.
Abb. 196. Form 34. Kat. 140. Inv. 67,1026. M. 1:2.

Kat. 141 Flasche, Inv. 67,1091

Grab 95

H. noch 12,5 cm.

Glas grünlich. Blasen, Schlieren. Freigeblasen.

Spindelförmiger Gefäßkörper. Dünner Hals sich nach oben leicht erweiternd. Rand nach außen gebogen und zu einer kleinen Öffnung wieder zurückgefaltet.

Massive Spitze verloren.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 197. Form 34. Kat. 141. Inv. 67,1091.
Abb. 197. Form 34. Kat. 141. Inv. 67,1091. M. 1:2.

Form 34 ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, 49 Nr. 768. 770–778 Taf. 42 Nr. 770. – Doppelfeld 1966, 48 Abb. 67 rechts.

Grabtypus und Fundlage: Sämtliche Funde stammen aus Körperbestattungen. In den drei Gräbern 103, 73 und 84 lagen die Flasche Kat. 137, Kat. 138 und Kat. 140 jeweils rechts neben dem Kopf des Toten. In Grab 95 fand sich das Gefäß Kat. 141 in Brusthöhe links, in Grab 106 lag Kat. 139 neben dem linken Unterschenkel, in Grab 73 war Kat. 138 bei den Füßen niedergelegt. Drei Bestattungen, Grab 103, 73 und 106, können auf Grund von geschlechtsspezifischen Beigaben als wahrscheinlich weiblich bestimmt werden.

Form und Technik: Die in der älteren Literatur auch als ‚Phiolen‘ oder ‚Ampullen‘ bezeichneten Flaschen liegen in Varianten vor. Kat. 138 hat einen langgestreckten Gefäßkörper mit kräftig ausgebauchtem Teil unterhalb der Mitte sowie ein gerundetes unteres Ende. Die Gefäße Kat. 136, Kat. 137, Kat. 139 und Kat. 141 weisen einen mäßig verdickten Mittelteil auf; bei Kat. 140 ist dieser mit Dellen versehen. Der untere Abschluß ist zu einem runden massiven Ende verschmolzen. Bei der Variante Kat. 135 ist der untere Teil ausgewölbt und läuft spitz zu. Der Rand der Gefäße ist jeweils knapp nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet. Da Flaschen der Form 34 bis zu einer Größe von 50 cm hergestellt wurden, sind die hier vorgelegten relativ kleine Exemplare[682].

Verwendung und Gefäßkombination: Die Flaschen haben ein geringes Volumen und sind ausschließlich liegend aufzubewahren. Sie dienten vermutlich als Unguentarium bzw. Parfumbehälter. In mehreren Fällen wurden sie in zweifacher Ausführung dem Toten beigegeben. Außer bei Grab 112 der Luxemburger Straße kommt eine Verdoppelung u. a. bei den Bestattungen 43 und 112 an der Jakobstraße und am Klingelpütz in Köln sowie beim Grabfund 201 in Trier vor[683]. Den Platz des zweiten Exemplars kann auch eine Flasche verwandter Form einnehmen. Das röhrenförmige Gefäß Kat. 142 der Form 35 in Grab 73 sowie Kat. 106 der Form 28 in Grab 106 dürften hier jeweils das Pendant bilden und eine der Form 34 entsprechende Funktion gehabt haben (Taf. 103. 146). In Grab 112 war Form 34 zusammen mit vier Gläsern unbekannter Form niedergelegt.

Datierung: Grab 73 mit Kat. 138 und Grab 84 mit Kat. 140 sind nach Ausweis der keramischen Beigaben im späten 3. oder in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in die Erde gekommen. Für Grab 103 mit Kat. 137 liefern Münzen einen terminus post quem von 293/294 n. Chr. Grab 106 mit Kat. 139 stammt aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Die drei Gefäße Kat. 135, Kat. 136 und Kat. 141 wurden zusammen mit Münzen in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts deponiert: Grab 95 enthielt Prägungen bis 337/340 n. Chr. und Grab 112 bis 346/350 n. Chr. Schließlich ist das Grab mit der Adam und Eva-Schale von der Luxemburger Straße zu nennen, das auch eine spindelförmige Flasche enthielt. Das Grab ist nach Ausweis von Münzen nach 276/282 n. Chr. niedergelegt worden; die ‚Phiole‘ ist jedoch in den Sammlungen des RGM heute nicht mehr zu identifizieren[684].

Aus anderen Nekropolen im Umkreis der CCAA stammen weitere fundgesicherte Flaschen. Ein reich ausgestatteter Sarkophag aus Köln-Lindenthal enthielt u. a. ein großes Exemplar (L. 36,5 cm) und als Schlußmünze wiederum eine Prägung von 276/282 n. Chr.[685]. Beide Bestattungen sind offenbar in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts vorgenommen worden. Fünf Flaschen wurden an der Jakobstraße ausgegraben: Die Bestattungen 112 und 249 sind durch Münzen nach 313/317 n. Chr. datiert[686]; Grab 43 ist in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in den Boden gekommen[687]. In einem Körpergrab am Klingelpütz kamen zwei Gefäße zusammen mit Prägungen bis 320/324 n. Chr. zutage[688]. Grab 6 an der Von Werth-Straße mit der Beigabe eines Fläschchens ist durch Münzen auf die Zeit nach 337/341 n. Chr. festgelegt. Eine Datierung bereits in das ausgehende 4. Jahrhundert, wie sie Isings vertreten hat, scheint zu spät angesetzt[689].

In Gellep kamen spindelförmige Flaschen in den sechs Bestattungen 71, 488, 565, 1221, 5567A und 5905 der ersten Hälfte bis Mitte des 4. Jahrhunderts zutage[690]. Für Grab 488 ist durch Münzen ein terminus post quem von 313 n. Chr. gegeben. Ein Grabfund aus Neuss wird Ende des 3. bis 4. Jahrhundert angesetzt[691]. Fünf Gläser stammen aus Gräbern in Trier, die den Zeitraum vom Anfang bis ins zweite Drittel des 4. Jahrhunderts umfassen[692]. Die Grabsitte, spindelförmige Flaschen dem Toten beizugeben, wurde in Köln hauptsächlich während der ersten Hälfte bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts gepflegt; die Laufzeit der Glasform entspricht damit der in anderen nordwestlichen Zentren.