Form 53
Flasche mit sechskantigem Gefäßkörper  

Vgl. Form Morin-Jean 18; Gellep 305.

Kat. 209 Flasche, Inv. 74,1065

Grab 91

H. 26,2 cm. Seiten L. 3,8 bis 4,2 cm (Boden).

Glas grünlich. Formgeblasen (Vorform und Halbform?).

Unregelmäßig sechskantiger Gefäßkörper nach oben sich verbreiternd. Auf dem Boden sechs ‚Buckel‘ in den Ecken. Auf den Seiten in Relief ca. 31 schräg verlaufende Riefen. Schulter am Halsansatz eingesunken. Enger, röhrenförmiger Hals. Rand unregelmäßig abgesprengt oder bestoßen. Zwischen Hals und Schulter zwei angesetzte sog. Delphin-Ösenhenkel. Auf den Seiten unterhalb der Schulter Abdruck des oberen Formrandes.

Zusammengesetzt; unvollständig.

Lit.: Riedel 1980, 128 Abb. 38.

Abb. 275. Form 53. Kat. 209. Inv. 74,1065.
Abb. 276. Form 53. Boden von Kat. 209. Inv. 74,1065.
Abb. 274. Form 53. Kat. 209. Inv. 74,1065. M. 1:2.

Form 53 ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, 40 Nr. 391 Taf. 33. – Fremersdorf, Geformtes Glas 62 Taf. 121. – Doppelfeld 1966, 46 f. Taf. 62. – Fremersdorf – Polónyi, Farblose Gläser 94 Nr. 209 und Nr. 210 (Inv. N 391; N 401).

Grabtypus und Fundlage: Die Flasche stammt aus einem Körpergrab und lag neben dem rechten Unterschenkel des Bestatteten im Holzsarg.

Form und Technik: Der Gefäßkörper der Flasche wurde in eine Halbform geblasen, deren Oberkante sich auf den Seiten unterhalb der Schulter abgedrückt hat. Es ist nicht geklärt, ob die schrägen Riefen aus einer gerippten Vorform stammen, wie O. Doppelfeld annahm, oder unmittelbar aus der Halbform[889]. Da die Rippen teilweise über die Kanten verlaufen, könnte die Glaskülbel bereits vor dem Einsetzen in die Form gerippt gewesen sein. Im oberen Gefäßteil sind die Rippen nur noch schwach ausgebildet. Der unregelmäßige Gefäßkörper und die Beobachtung, dass zwei der Seitenwände nicht genau aufeinander stoßen, sprechen dafür, dass die Seitenplatten des Gefäßmodels nicht dauerhaft verbunden waren. Davon abgesehen scheint die Hohlform in diesem Fall ohne Bodenplatte gewesen zu sein, denn die sechs plastischen Eckpunkte stammen allem Anschein nach nicht aus einer Form, sondern wurden auf die Standfläche der Flasche aufgetropft. Ein Vergleichsstück von der Luxemburger Straße aus der Sammlung Niessen befindet sich im RGM[890], ein zweites unbekannten Fundorts aus derselben Sammlung gelangte in das Saalburgmuseum in Bad Homburg[891]. Form 53 kommt außer mit unverziertem Boden[892] auch mit Inschriften vor, die von Bodenplatten abgeformt wurden. Die Flasche unbekannten Fundorts im RGM trägt die rückläufige Bodenmarke RENI oder IPENI[893]. Bisher sind keine Modelteile für sechskantige Flaschen bekannt geworden. Es ist jedoch anzunehmen, dass es zusammensetzbare Hohlformen waren, vergleichbar denjenigen für Vier- und Sechskantkrügen[894].

Verwendung und Gefäßkombination: Die Flasche Inv. N 391 von der Luxemburger Straße enthält verklumpte fettige Rückstände[895]. Kat. 209 wurde vielleicht ebenfalls als Salbbehälter verwendet.

Datierung: Grab 91 mit Kat. 209 ist nach der Keramikbeigabe in das 4. Jahrhundert, vermutlich in die erste Hälfte einzuordnen. Die Gräber 1611 und 2253 in Gellep mit jeweils einer Flasche sind in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts datierbar[896]. Das eine Exemplar hat einen unverzierten Boden, das andere weist sechs ‚Buckel‘ wie Kat. 209 auf. Die fundgesicherten Beispiele erlauben andere Exemplare in Köln, die in der Herstellungstechnik und dem grünlichen Glasmaterial übereinstimmen, dem 4. Jahrhundert zuzuweisen. Für eine Datierung bereits in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts, wie sie E. Polónyi ohne Begründung vorgeschlagen hat, gibt es bisher keine Anhaltspunkte[897].