Form 70
Krug mit kugeligem Gefäßkörper und Standring  

Form 70a Krug mit Halsfaden

Vgl. Form Isings 121a; Trier 123

Kat. 259 Krug, Inv. L 931, vermutlich Form 70a

Grab 48

H. noch 7,2 cm.

Glas farblos. Freigeblasen

Gedrückt kugeliger Gefäßkörper. Hohler Standring aus der Wandung gefaltet.

Hals mit Rand nicht anpassend, aber zugehörig. Glatter Bandhenkel, wohl nicht zugehörig. Glas durch Wachsüberzug verbräunt.

Lit.: Hagen 1906, 404 Taf. 23 Abb. 33c. – Fremersdorf – Polónyi, Farblose Gläser, 73 Nr. 167 mit Abb.[1024].

Abb. 337. Form 70a. Kat. 259. Inv. L 931.
Abb. 336. Form 70a. Kat. 259. Inv. L 931. M. 1:2.

Kat. 260 Krug, Inv. 33,144; verloren

Grab 58

H. unbekannt

Glas blaugrün.

„Kugelflasche auf Ringfuß mit Schleifenhenkel und Halsfäden“.

Lit.: unpubliziert.

Kat. 261 Krug, Inv. 67,1062

Grab 61

H. 15,3 cm.

Glas mit grünlichem Schimmer. Schlieren. Freigeblasen.

Gedrückt kugeliger Gefäßkörper. Standring aus der Wandung gefaltet, innen hohl; Heftnarbe. Zylindrischer Hals zur Mündung leicht konisch erweitert. Rand unregelmäßig nach innen umgeschlagen. Unterhalb des Randes ein aufgelegter dicker Faden, der am Hals als dünnerer Faden in zwei Windungen umläuft. Auf der Schulter und oberhalb des Standrings jeweils ein Fadenring. Dreirippiger Bandhenkel, sitzt mit zwei bis drei Zacken auf der Schulter und dem Schulterfaden auf und endet mit einer kleinen Falte am Hals.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 339. Form 70a. Kat. 261. Inv. 67,1062.
Abb. 338. Form 70a. Kat. 261. Inv. 67,1062. M. 1:2.

Form 70a ohne Grabzusammenhang: Slg. Niessen 1911, 10 Nr. 72 Taf. 39. – Fremersdorf – Polónyi, Farblose Gläser, 72 Nr. 166 (Inv. N 74).

Grabtypus und Fundlage: Die Henkelkrüge stammen aus Brandgräbern. Kat. 261 lag in der Grube außerhalb der Knochenasche und eines Holzkästchens.

Form und Technik: Die Gläser haben einen Standring, der aus der Wandung geformt wurde. Kat. 261 weist einen gedrückt kugeligen Gefäßkörper und eine Schulter auf, was auch für andere Krüge der Form 70a zutrifft[1025]. Kat. 259 hatte dagegen einen nach oben konisch zulaufenden Gefäßkörper, was vermuten ließ, dass dieser Zustand nicht die ursprüngliche Krugform sein konnte. Bei einer Untersuchung des Stücks stellte sich heraus, dass Hals, Rand und Henkel mit nicht zugehörigen Glasfragmenten ergänzt worden waren. Statt eines gerippten Henkels hatte man einen geknickten glatten Bandhenkel und eine kleine Schlaufe aus Wachs angesetzt. Die originalen Gefäßreste waren vermutlich Teil eines Krugs der Form 70a; daraus folgt, dass es sich nicht um die Krugform Isings 122, sondern um Isings 121a gehandelt hat[1026]. Im ursprünglichen Zustand dürfte der Krug einem anderen Fundstück aus Köln, heute in New York, geglichen haben, das einen über den Gefäßrand stehenden Schlaufenhenkel besitzt[1027].

Verwendung und Gefäßkombination: In Grab 61 war der Henkelkrug die einzige Glasbeigabe. In anderen Gräbern wurde der Glaskrug Form 70 dem Toten mehrfach beigegeben. So lagen in einem nicht näher datierbaren Grab, das 1903 an der Greinstraße bei der Luxemburger Straße aufgedeckt wurde, drei Exemplare[1028]. Ein Sarkophag vom Melatengürtel[1029] und ein mit Blei ausgekleideter Holzsarg am Hohenzollernring waren jeweils mit drei gläserenen Henkelkrügen ausgestattet[1030]. Drei Krüge standen in einer Beigabennische bei einem ‚Sarkophag‘ in Zülpich-Enzen[1031]. Die Sitte der mehrfachen Beigabe ist sonst vor allem von Keramikkrügen bekannt. Das Vorkommen von drei Glaskrügen lässt vermuten, dass ihre Funktion der der Keramikgefässe entsprach. Im Henkelkrug darf man wohl ein Schankgefäß sehen, das dem Toten als Teil des Trinkgeschirrs beigegeben wurde.

Datierung: Kat. 259 stammt aus Grab 48 der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Grab 61 mit Kat. 261 ist aufgrund der Keramikbeigaben in das zweite Drittel des 3. Jahrhunderts datierbar. Weitere fundgesicherte Henkelkrüge sind aus Brand- und Körpergräbern der CCAA bekannt. In St. Severin wurde ein Krug aus leicht blaugrünem Glas in Grab II,78 ausgegraben, das in die Zeit um 100 n. Chr. bzw. in das frühe 2. Jahrhundert angesetzt wurde[1032]. Der genannte Sarkophag vom Melatengürtel in Köln-Braunsfeld mit den drei Krügen aus farblosem Glas ist nach Ausweis einer abgegriffenen Münze nach 218/222 n. Chr. in den Boden gekommen. Der mit Blei ausgekleidete Holzsarg vom Hohenzollernring, der schon genannt wurde, enthielt drei Henkelkrüge aus blaugrünem Glas und barbarisierte Münzen, die einen terminus post quem von 270/280 n. Chr. liefern. Die Datierung der Krüge ist insofern für die Kölner Glasforschung von Bedeutung, da sie die Produktion von blaugrünem Glas im späten 3. Jahrhundert voraussetzt. Ein Krug aus milchig grünem Glas wurde an der Jakobstraße aus Grab 157b geborgen, das nach U. Friedhoff einer Belegungsphase der Nekropole im mittleren 4. Jahrhundert angehört[1033].

Der ‚Sarkophag‘ aus Zülpich-Enzen, neben dem drei Henkelkrüge in einer Beigabennische aufgestellt waren, enthielt eine Brandbestattung. Sie wird neuerdings in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts angesetzt, denn die angeblich naturwissenschaftlich gesicherte Datierung um 360 n. Chr. hat sich als hinfällig erwiesen[1034]. Krüge der Form 70a sind also vom 2. bis zum 4. Jahrhundert in der CCAA und ihrem Territorium belegt.

Form 70b Krug mit Halsscheibe

Kat. 262 Krug, Inv. 67,1081

Grab 105

H. 23,1–23,4 cm.

Glas hellgrün. Schlieren. Freigeblasen.

Kugeliger Gefäßkörper. Standring unregelmäßig aus der Wandung gefaltet, innen hohl. Boden hochgewölbt; Heftnarbe. Zylindrischer Hals sich nach oben erweiternd. Rand unregelmäßig nach innen gefaltet. Unterhalb der Mündung ein dicker Faden in eineinhalbfacher Windung aufgelegt und scheibenförmig flachgedrückt. Stabförmiger Bandhenkel sitzt mit verdicktem Ende auf der Schulter auf und endet mit einer Falte am Hals unterhalb der Scheibe. Am unteren Henkelansatz Abdrücke der Zange. Unterhalb des Henkels eine kleinere und eine größere (nicht beabsichtigte?) ‚Warze‘.

Sprünge an Hals und Halsscheibe.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 341. Form 70b. Kat. 262. Inv. 67,1081.
Abb. 340. Form 70b. Kat. 262. Inv. 67,1081. M. 1:2.

Grabtypus und Fundlage: Das Gefäß stand in der Beigabennische eines Körpergrabes.

Form und Technik: Der Standring wurde wenig sorgfältig gefaltet, so dass das Gefäß nur teilweise darauf ruht und nicht fest aufsteht. Ein charakteristisches Detail des Krugs ist der um den Hals gewickelte Faden, der mit der Zange zu einer Scheibe flach gedrückt ist. Ein ähnlicher Glaskrug wurde in Trier gefunden und als eine Variante der Form Trier 126 zugeordnet[1035].

Verwendung und Gefäßkombination: Der Krug ist ein Schankgefäß und gehört zum Trinkgeschirr des Bestatteten (Taf. 144145).

Datierung: Kat. 262 stammt aus einem Grab der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts, das durch eine Münzbeigabe sicher nach 307/308 n. Chr. datiert ist. Ein weiteres fundgesichertes Exemplar ist aus Köln nicht bekannt. Das Detail der Halsscheibe ist jedoch bei Gläsern des 4. Jahrhunderts häufiger nachweisbar. Sie findet sich z. B. bei der zweihenkligen Flasche aus blauem Glas aus einem Sarkophag vom Waidmarkt in Köln, der aufgrund beigegebener Keramik in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts datierbar ist[1036]. Die Halsscheibe ist ferner bei einer Reihe von birnenförmigen Krügen des 4. Jahrhunderts belegt[1037]. Das Motiv kommt auch bei Keramikgefäßen vor[1038].