Grab 86 (Fund 1967-073)  

Luxemburger Straße 116 und Greinstraße

Körpergrab

Nach der Befundzeichnung (Abb. 478) in der Grube Reste eines vergangenen Holzsargs (zwei Nägel) von L. 2,10 m und Br. 0,50 m auf UKH 50,00 m über NN. Ausrichtung NO-SW. Schädelreste. Laut Fundliste (FB 67.2) zu Füßen des Bestatteten zwei Gläser (1–2), vier „Spielsteine“ (3–5), sieben sog. Mithrassymbole (6) sowie 16 Münzen (7–22). Außerhalb des Sargs im Grabschacht links vom Toten auf UKH 50,30 m über NN Henkeltopf (23). Rechts vom Bestatteten auf UKH 50,90 m über NN Nische mit Beigaben: Becher (24), drei Henkelkännchen (25–27), Messer (28), Metallschale (29) und Fibel (30). – Die Fibel in Verbindung mit den sog. Mithrassymbolen lassen auf eine weibliche Bestattung einheimischer Herkunft schließen.

Gesamtzahl der Glasgefäße: zwei

1. Halbkugeliger Becher mit scharfem Rand, Inv. 67,905: Form 9 c (Kat. 29).

2. Halbkugeliger Becher mit verrundetem Rand, Inv. 67,906: Form 10 b (Kat. 34).

3. Spielstein (?), Inv. 67,907.

    Dm. 1,8 cm.

    Glas, grün.

    Kugelige Form, auf der Unterseite Narbe, vielleicht abgearbeiteter Haarnadelkopf

    oder wiederverwendeter Knopf eines Urnendeckels[1461].

4. Spielstein, Inv. 67,908.

    Dm. 2 cm.

    Glas, dunkelblau.

    Ovale Form mit gewölbter Ober- und abgeflachter Unterseite[1462].

5. Zwei Mosaiksteine[1463], Inv. 67,909 a.b.

    0,9 x 0,8 cm.

    Glas, blau.

6. Sieben Miniaturgeräte, sog. Mithrassymbole, Inv. 67,913.1-7[1464]. (Abb. 479)

    Kupferlegierung, gegossen. Waageschale: Blech, geschnitten, Löcher gestanzt.

    a. Doppeljoch, Inv. 67,913.

    L. 4,5 cm.

    b. Schlüssel, Inv. 67,913.2.

    L. 3,3 cm.

    c. Schlange Inv. 67,913.3.

    L. 6,5 cm.

    d. Leiter mit sieben Sprossen, Inv. 67,913.4.

    L. 5,8 cm.

    e. Geldbeutel, sog. Merkursäckchen, Inv. 67,913.5.

    H. 2,6 cm.

    f. Dechsel, Inv. 67,913.6

    L. 4 cm

    g. gleicharmige Balkenwaage mit zwei Waageschälchen, Inv. 67,913.7.

    Balken L. 6,5 cm. Schale Dm. 2,1 cm.

    An einer Waagschale anhaftende Schnurreste.

7. As, Augustus, vom Münzmeister P. Lurius Agrippa, Rom, 7 v. Chr., Inv. 67,914.

    rechteckiger Gegenstempel mit Caesarmonogramm[1465].

    leicht dezentriert, abgegriffen, Av. korrodiert.

    RIC 186; RIC rev. ed 427[1466].

8. Dupondius, Nero, Lyon, 66 n. Chr., Inv. 67,915.

    Oberfläche korrodiert.

    RIC 287; RIC rev. ed. 520[1467].

9. As, Antoninus Pius für Faustina d. Ä. (posthum), Rom, nach 141 n. Chr., Inv. 67,916.

    Av. abgegriffen.

    RIC 1199[1468].

10. Sesterz, Commodus, Rom, 184/185 n. Chr., Inv. 67,917.

      abgenutzt.

      RIC 454 b[1469].

11. Tetrassarion für Julia Domna, Provinzialprägung aus Moesia inferior (Nikopolis

      oder Istrum)[1470], unter der Statthalterschaft des Aurelius Gallus,

      202/203 n. Chr.[1471], Inv. 67,918.

      abgenutzt.

12. Antoninian, Caracalla, Rom, 215 n. Chr., Inv. 67,919.

      RIC 264 c[1472].

13. As, Severus Alexander, Rom, 231/235 n. Chr., Inv. 67,920.

      RIC 637 c[1473].

14. Dupondius, Maximinus I. Thrax, Rom, 236/238 n. Chr., Inv. 67,921.

      frische Erhaltung.

      RIC 79[1474].

15. Antoninian, Gordian III., Rom, 240 n. Chr., Inv. 67,922.

      RIC 51[1475].

16. Antoninian, Gordian III, Rom, 240 n. Chr., Inv. 67,923.

      RIC 71[1476].

17. Antoninian, Gordian III., Rom, 243/244 n. Chr., Inv. 67,924.

      RIC 153[1477].

18. Antoninian, Philippus I. Arabs, Rom, 244/247 n. Chr., Inv. 67,926.

      RIC 27 b[1478].

19. Antoninian, Philippus I. Arabs, Rom, 248 n. Chr., Inv. 67,925.

      kaum abgenutzt

      RIC 19[1479].

20. Antoninian, Valerian I. für Valerian Caesar, Lyon, 255 n. Chr., Inv. 67,927.

      durchlocht.

      RIC 3[1480].

21. Antoninian, Postumus, Köln, 260 n. Chr., Inv. 67,928.

      Elmer Nr. 130[1481].

22. Follis, Diocletian für Constantius Caesar, Trier, 303/305 n. Chr., Inv. 67,929.

      geringe Spuren von Silbersud.

      RIC 602 a[1482].

23. Henkeltopf, Inv. 67,904.

      H. 11,3 cm. Rand Dm. 8,8 cm.

      Sch. hellbeige, Ofl. rauhwandig.

      Auf schmaler, leicht abgesetzter einfacher Standfläche, halslos und

      mit herzförmigem Randprofil. Ösenförmiger Bandhenkel mit einer Längsfurche.

      Form Gellep 106 i[1483].

24. Becher, Inv. 67,902.

      Terra Nigra Ware. H. 15,6 cm. Gr. Dm. 9,8 cm. Hh. 5,4 cm.

      Sch. grau, Ofl. schwarzer Überzug. Spuren von oxydiertem Eisen (vom Messer ?)

      Bauchiger Gefäßkörper auf Zapfenfuß.

      Abgesetzter konischer Hals mit Wulstrandlippe.

      Form Gellep 61; Künzl 1.6.2[1484].

25. Henkelkännchen, Inv. 67,903 a.

      H. 12,3 cm.

      Sch. rötlich beige, Ofl. rauhwandig.

      Auf geschwungen abgesetzter, unsorgfältig abgestrichener Standfläche,

      mit seitlichem Ausguß nach rechts und schief angesetztem Bandhenkel.

      Form Gellep 112.

26. Henkelkännchen, Inv. 67,903 b.

      H. 12 cm.

      Ware und Form wie Inv. 67,903 a (25).

27. Henkelkännchen, Inv. 67,903 c.

      H. 11,5 cm.

      mit seitlichem Ausguß nach links.

      Ware und Form wie Inv. 67,903 a (25).

28. Messer[1485], Inv. 67,910.

      L. noch 7,2 cm. Br. 2,4 cm.

      Klinge Eisen, Griff (Holz ?) verloren.

29. Waagschale, Inv. 67,911.

      Rand Dm. 7 cm. H. 2,3 cm.

      Kupferlegierung.

      Kugelabschnittschale mit Resten von vier angelöteten Stiften[1486].

30. Armbrustspiralfibel, germanisch, Inv. 67,912.

      L. 2,7 cm.

      Kupferlegierung.

      Zweigliedrige Spiralfibel mit unterer Sehne, Federrolle mit zehn Windungen.

      Spiralachse mit Achsknöpfen. Bogenförmig gewölbter Bügel

      mit D-förmigem Querschnitt. Gleichbreiter Fuß. Facetten, Querrillen und

      Randkerben auf der Fußoberseite und am Bügelansatz.

      Röhrenförmiger, unten geschlossener Nadelhalter in Länge des Fußes[1487].

Dat.: Erste Hälfte des 4. Jahrhunderts; nach 303/305 n. Chr.

Lit.: unpubliziert.
Abb. 478. Befundzeichnung von Grab 86. M. 1:20.
Taf. 117. Ausstattung von Grab 86. M. 1:2.
Taf. 118. Ausstattung von Grab 86. M. 1:2. Nr. 30 M. 1:1.
Abb. 479. Sieben Miniaturgeräte, Grab 86,6a-g.
Abb. 480. Armbrustspiralfibel, Grab 86,30.

Fußnoten

[1461]
Der „Knopf“ könnte sekundär als Spielstein verwendet worden sein.
[1462]
Spielsteine als Grabbeigaben in den nordwestlichen Provinzen seit 1. Jahrhundert n. Chr. belegt: Goethert-Polaschek 1977, 276 Taf. 4,42 (aus Bein). – In spätrömischer Zeit häufiger gläserne Spielsteine: Haberey 1961, 327 f. Abb. 7,14 f. (27 Spielsteine in Mädchengrab der Zeit 250/270 n. Chr.). – Pirling 1966, T. 1, 125 (3 Spielsteine in Frauengrab der Zeit um 300 sowie 24 Spielsteine in Grab constantinischer Zeit).
[1463]
Mosaiksteine auch in den Gräbern 80 und 91 des 4. Jhs.
[1464]
Vgl. Grab 81, 85, 97 und 103. Zur Beigabensitte s.o. die Ausführungen zu Anm. 270-275.
[1465]
Chantraine 1968, Taf. 3,8. – Grünwald 1946, 9 Abb. 1,1. – FMRD VI 691 Typentaf. Nr. 11.
[1466]
Geissen u. a. 1987, 135 Nr. 12 a, Abb. 3,1.
[1467]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 b.
[1468]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 c.
[1469]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 d.
[1470]
Pick 1898, 392 Nr. 1464. – Die Bestimmung der Münze wird W. Weiser, Köln verdankt. – Päffgen 1987, 136 Nr. 12 e Abb. 3,2.
[1471]
Vgl. RE II,4 (1896) Sp. 2510 Nr. 140.
[1472]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 f.
[1473]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 g.
[1474]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 h.
[1475]
Geissen u. a. 1987, 136 Nr. 12 i.
[1476]
Geissen u. a. 1987, 137 Nr. 12 j.
[1477]
Geissen u. a. 1987, 137 Nr. 12 k.
[1478]
Geissen u. a. 1987, 137 Nr. 12 l.
[1479]
Geissen u. a. 1987, 137 Nr. 12 m.
[1480]
257/8 n. Chr. in Köln geprägt: Elmer 1941, 63. – Geissen u. a. 1987, 137 Nr. 12 n.
[1481]
Elmer 1941, Nr. 130. – Geissen u. a. 1987, 137 Nr. 12 o.
[1482]
Päffgen 1987, 137 Nr. 12 p.
[1483]
Päffgen 1987, 137 Nr. 12 p.
[1484]
Pirling 1966, T. 1, 87–88, Abb. 11.
[1485]
s. Grab 109. Messer sind in Köln häufig in Nischen platziert, meist in Verbindung mit einem Teller und Geflügelknochen, was auf den Gebrauch als Geflügelmesser hinweist: Haberey 1934, 277.
[1486]
Da Waagschalen meist an drei Punkten aufgehängt sind, ist die Deutung nicht sicher.
[1487]
Nach Böhme 1974, 7 f. ist die Armbrustfibel mit gleichbreitem, facettierten Fuß der geläufigste einheimische Fibeltyp zwischen Elbe und Rhein im 4. Jh. Die zahlreichen Funde auf Reichsgebiet bringt er mit germanischen Foederaten in Verbindung. Vgl. Böhme 1974, 342 f. Fundliste 1. – Nach den Merkmalen von Schulze 1977, Taf. 1 wäre die Fibel als Gruppe Iz Aa 8c zu klassifizieren. Diese Variante bei Schulze jedoch nicht aufgeführt. Vergleichbare „Typen“ sind ihre (auseinander gezogenen) Gruppen 30 und 38 mit Verbreitung in den Nordseeküsten- und Rhein-Wesergebieten. Vgl. Schulze 1977, 28 f. Taf. 3,30. Karte 19; 33 ff. Taf. 4,38. Karte 18. Schulze datiert beide Gruppen in 2. Hälfte des 4. Jhs. bis frühes 5. Jh. – Ältere Beispiele sind 2 Fibelfunde aus Rheindorf, Krs. Leverkusen mit Münzen 323/327 n. Chr.: Rademacher 1922, 230 Taf. 11,30 (Grab 35).