Form 65
Krug mit doppelkonischem Gefäßkörper und Standring  

Form 65a Krug mit aufgelegtem Standring

Vgl. Form Isings 120a; Trier 124a; AR 172.1

Kat. 249 Krug, Inv. Glas 805

Grab 98

H. 10,2 cm.

Glas grünlich. Freigeblasen.

Doppelkonischer Gefäßkörper, nach unten stark eingezogen. Standring angesetzt. Boden hochgestochen; Heftnarbe. Zylindrischer, enger Hals. Rand schräg nach außen gebogen und kurz zurückgefaltet. Unter dem Rand ein aufgelegter Faden. Um den Hals ein Spiralfaden in vier Windungen umlaufend. Zweigeteilter Henkel, sitzt mit zwei runden Enden auf dem Schulterumbruch auf und endet mit einer zweifachen Falte am Rand. Auf dem unteren Henkelansatz eingedrückte Werkzeugspuren.

Lit.: Hagen 1906, 432 Taf. 26 Abb. 71k. – Isings 1957, 150.

Abb. 320. Form 65a. Kat. 249. Inv. Glas 805.
Abb. 320. Form 65a. Kat. 249. Inv. Glas 805. M. 1:2.

Kat. 250 Krug, Inv. 35,892

Grab 103

H. urspr. 20,5 cm.

Glas farblos. Blasen. Freigeblasen.

Doppelkonischer Gefäßkörper. Standring wohl aufgelegt. Boden hochgestochen; Heftnarbe. Zylindrischer Hals. Rand schräg nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet. Unter dem Rand ein aufgelegter Faden. Viergeteilter Bandhenkel, sitzt mit vier Zacken auf der Schulter und endet mit einer Falte und einer Schlaufe am Rand. Um den Hals ein zweimal umgelegter Faden.

Zusammengesetzt, Fehlstellen.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 322. Form 65a. Kat. 250. Inv. 35,892.
Abb. 321. Form 65a. Kat. 250. Inv. 35,892. M. 1:2.

Form 65b Krug mit gefaltetem Standring

Vgl. Form Isings 120b; Trier 124b; Gellep 217; AR 172.2.

Kat. 251 Krug, Inv. Glas 532

Grab 116

H. 15,8 cm.

Glas leicht grünlich, mit Flugasche verunreinigt. Freigeblasen.

Doppelkonischer Gefäßkörper. Leicht konischer Standring aus der Wandung geformt; Werkzeugspuren. Boden eingewölbt; Heftnarbe. Enger Hals sich nach oben erweiternd. Rand aufgebogen und verrundet. Unter dem Rand ein aufgelegter dicker Faden. Auf dem übrigen Gefäß umlaufende Spiralfäden: auf dem Hals ein dickerer Faden in zwölf Windungen, auf dem Gefäßkörper ein dünnerer Faden, der im unteren Gefäßteil in die Oberfläche verläuft. Dreigeteilter Bandhenkel, sitzt mit drei Zacken auf der Schulter und endet mit Schlaufe und Falte am Rand. Die Schlaufe überragt den Rand. Die Henkelansätze überschneiden unten und oben die aufgelegten Spiralfäden.

Lit.: Fremersdorf, Schlangenfadengläser 70 Taf. 104. – La Baume 1965, 77 f. Abb. 22,2.

Abb. 323. Form 65b. Kat. 251. Inv. Glas 532.
Abb. 323. Form 65b. Kat. 251. Inv. Glas 532. M. 1:2.

Kat. 252 Krug, Inv. L 420

Grab 57

H. noch 30,4 cm.

Glas grünlich. Schlieren. Freigeblasen.

Doppelkonischer, im unteren Teil zylindrischer Gefäßkörper. Breiter Standring aus der Wandung gefaltet und innen hohl. Boden hochgestochen; Heftnarbe. Konischer Hals. Rand schräg nach außen gebogen und verrundet. Unter dem Rand ein aufgelegter Faden. Viergeteilter Bandhenkel, sitzt mit vier Zacken auf der Schulter, verjüngt sich nach oben und war ursprünglich mit einer Falte und einer runden Schlaufe am Rand angesetzt.

Fehlstellen im Standring, an Hals, Mündung und Henkelansatz.

Lit.: Hagen 1906, 411 Taf. 24 Abb. 39h.

Abb. 325. Form 65b. Kat. 252. Inv. L 420.
Abb. 324. Form 65b. Kat. 252. Inv. L 420. M. 1:2.

Form 65 ohne Fundzusammenhang: Slg. Niessen 1911, 9 Nr. 51–58 Taf. 14.

Grabtypus und Fundlage: Die Gefäße mit der möglichen Ausnahme von Kat. 252 stammen aus Körperbestattungen. In Grab 116 stand der Krug Kat. 251 außerhalb des Sarkophags, Kat. 249 und Kat. 250 lagen in den Gräbern 98 und 103 jeweils am Fußende des Holzsargs. Der große Krug Kat. 252 soll aus einer Aschenkiste stammen; eine Verwechselung von Fundstücken scheint jedoch nicht ausgeschlossen.

Form und Technik: Die Krüge der Form 65a haben einen wulstigen Standring, der wahrscheinlich angesetzt ist, während die schräg stehende Standvorrichtung von Form 65b aus der Wandung geformt wurde[991]. Der Gefäßkörper ist doppelkonisch bis eiförmig. Unter dem Rand sitzt ein aufgeschmolzener Faden. Im Übrigen sind die Gläser unterschiedlich reich verziert: Kat. 250 ist mit einem Fadenring am Hals versehen, bei Kat. 249 ist eine Fadenspirale um den Hals geführt und bei Kat. 251 umziehen Fäden das gesamte Gefäß. Zuletzt wurde der Henkel angebracht, der Glasposten hierbei auf der Schulter aufgesetzt, hochgezogen und mit einer zweifachen Falte bzw. einer überstehenden Schlaufe am Rand befestigt. Die Krugform ist in zahlreichen Funden in Köln und der niedergermanischen Provinz belegt[992].

Verwendung und Gefäßkombination: Im Sarkophag von der Königin-Luise-Schule in Köln lag ein Krug, der harzartige Reste des Salböls enthielt[993]. Man kann also nicht davon ausgehen, dass Krüge der Form 65 durchweg Schankgefässe waren.

Datierung: Kat. 249 mit angesetztem Standring (Form 65a) stammt aus Grab 98, das durch die keramischen Beigaben in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts datierbar ist. Kat. 250 ist nach Ausweis von Münzen nach 293/294 n. Chr. in die Bestattung 103 gelangt. Die Aschenkiste von Grab I,27 bei St. Severin, die einen ähnlichen Krug mit angesetztem Standring enthielt, ist durch Münzen nach 274 n. Chr. datiert[994].

Kat. 251 mit gefaltetem Standring (Form 65b) lag in Grab 116, das aufgrund des Beschlagblechs mit frühchristlicher Szene wohl in der ersten Hälfte oder Mitte des 4. Jahrhunderts anzusetzen ist. Kat. 252 stammt angeblich aus Grab 57, das keine datierende Keramik oder Münzen enthielt. Nach der Bestattungsweise und den übrigen Beigaben ist das Grab wahrscheinlich im 3. Jahrhundert angelegt worden. Dass der Krug bereits aus dieser Zeit stammt, erscheint jedoch zweifelhaft. Der schon erwähnte Sarkophag von der Königin-Luise-Schule mit einem vergleichbaren Glas ist in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts datierbar. Ein weiteres Exemplar wurde zusammen mit der bekannten Zirkusschale und Münzen der Zeit 317/346 n. Chr. aus einem Grab an der Stolberger Straße geborgen[995].

Ein 1983 in Bonn aufgedecktes Grab mit einem Krug ist in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts datierbar[996]. In Gellep wurden Gefässe mit gefaltetem Standring in den Gräbern 988 und 2916 der ersten Hälfe des 4. Jahrhunderts gefunden[997]. Auch Grab 4648 mit einem Exemplar stammt aus dem 4. Jahrhundert[998]. Fünf Henkelkrüge kamen in Mayen in Körperbestattungen der Mitte des 4. Jahrhunderts zutage[999]. Es gibt also zahlreiche gesicherte Beispiele aus dem 4. Jahrhundert, aber keine Belege dafür, dass die Form 65b bereits im 3. Jahrhundert einsetzt. Krug Kat. 252 wurde demnach vermutlich während oder nach der Ausgrabung irrtümlich Grab 57 zugeordnet[1000].