Form 60
Kleine Kanne mit schnabelförmigem Ausguß  

Vgl. Form Isings 88b; Trier 117a; AR 169; Gellep 709

Kat. 239 Kanne, Inv. 67,1035

Grab 114

H. 6,4 cm.

Glas farblos. Schlieren. Freigeblasen.

Gedrückt kugeliger Gefäßkörper. Boden eingedellt; Heftnarbe. Kurzer Hals sich nach oben erweiternd. Rand zu einem Ausguß schnabelartig ausgezogen. Randkante nach innen gefaltet und verrundet. Dreigeteilter Bandhenkel, ist mit drei Zacken auf der Schulter aufgesetzt, am Rand mit einer Falte befestigt und endet in einer kleinen hochgestellten ‚Daumenraste‘.

Lit.: unpubliziert.

Abb. 308. Form 60. Kat. 239. Inv. 67,1035.
Abb. 308. Form 60. Kat. 239. Inv. 67,1035. M. 1:2.

Form 60 ohne Grabzusammenhang: RGM, Inv. N 519: Slg. Niessen 1911, 46 Nr. 519 Taf. 31 und 39.

Grabtypus und Fundlage: Kat. 239 stammt aus dem Grab eines Kindes und lag bei seinem Kopf innerhalb des Holzsargs.

Form und Technik: Die kleine Kanne ist ohne Standring, bei einem größeren Exemplar von der Luxemburger Straße ist ein Standring angebracht[970]. Wegen des spitz ausgezogenen Ausgusses werden die Gefäße auch als Schnabelkannen bezeichnet. Der Ausguss steht in der Regel in der Achse des Henkels[971], gelegentlich ist er auch seitlich angebracht (wie Form Isings 88c)[972].

Verwendung und Gefäßkombination: Da die Beigabe für ein Kind bestimmt war, hat man wohl ein kleinformatiges Schankgefäß gewählt. Die kleine Kanne hat vermutlich die gleiche Funktion im Grab wie entsprechende Gefäße aus Keramik. Diese Vermutung unterstützen Glaskännchen, deren Ausguss im rechten Winkel zum Henkel steht und die damit auch in diesem Detail den Keramikkannen, die in zahlreichen Gräbern in Köln gefunden wurden, entsprechen. Glaskännchen wurden auch, wie Grab VI,19 bei St. Severin belegt, gelegentlich in mehrfacher Ausführung beigegeben. Dies ist bei Kännchen aus Keramik eine übliche Beigabensitte. In Grab 114 war das Gefäß mit einer Dellenschale Form 17b und einer Flasche Form 39a kombiniert (Taf. 158).

Datierung: Grab 114 mit Kat. 239 kann durch die Keramik- und Metallbeigaben in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert werden. Die fundgesicherten Parallelen aus den Nekropolen im Umkries der CCAA stammen aus älterer Zeit. In Köln-Bayenthal lag eine Kanne in einer Brandbestattung des 3. Jahrhunderts, in der eine Frau oder ein Mädchen beigesetzt war[973]. Aus einem vermutlichen Brandgrab an der Aachener Straße wurde ein Exemplar geborgen, das nach der Keramikbeigabe zu schließen ebenfalls aus dem 3. Jahrhundert stammt[974]. Die bei St. Severin freigelegte Aschenkiste VI,19 enthielt mindestens zwei Schnabelkannen mit Standring. Hier spricht die mitgefundene Fibel für eine Datierung ins frühe 3. Jahrhundert[975]. Auch die Brandbestattung 4028 in Gellep mit einer kleinen Kanne ist an das Ende des 2. oder in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts datierbar[976]. Mit dem Fund von der Luxemburger Straße wird für Form 60 eine Laufzeit bis in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts belegt.