Form 68
Flasche mit muschelförmigem Gefäßkörper und Standplatte  

Vgl. Form Isings 91c

Kat. 256 Flasche, Inv. Glas 529

Grab 116

H. 19,6 cm.

Glas grünlich, dickwandig. Zweiteilige Halbform.

Gefäßkörper in Gestalt einer zehnrippigen Muschel. Formnaht an einer Seite erkennbar. Am Gefäßboden ansitzend runder Knauf und scheibenförmige Standplatte mit nach unten gebogenem Rand. Standplatte auf der Unterseite in der Mitte hochgestochen; Heftnarbe. Hoher zylindrischer Hals. Rand nach außen gebogen und wieder zurückgefaltet. Unter dem Rand sowie um den Hals ein Faden in zehn Windungen spiralig umlaufend. Der erhaltene der beiden Rund­stabhenkel sitzt auf der Schulter auf, ist am Rand befestigt und endet in hochstehender Schlaufe am Rand. Das untere Henkelende mit der Zange flach gedrückt und zungenförmig ausgezogen. Der zweite Henkel bis auf Ansatzreste verloren und mit Kunststoff ergänzt. Auf der Innenseite der Wandung ein diagonaler ‚Sinterstreifen‘ der ursprünglich eingefüllten Flüssigkeit oder von eingedrungenem Sickerwasser.

Lit.: Kisa 1896, 52 Taf. 2,2. – Morin-Jean 1913, 166 f. Abb. 218.– Isings 1957, 110. – Fremersdorf, Geformtes Glas 75 f. Taf. 165. – Doppelfeld 1966, 46 Taf. 51. – La Baume 1965, 77 ff. Abb. 23.

Abb. 333. Form 68. Kat. 256. Inv. Glas 529.
Abb. 332. Form 68. Kat. 256. Inv. Glas 529.
Abb. 332. Form 68. Kat. 256. Inv. Glas 529. M. 1:2.

Form 68 ohne Fundzusammenhang: Fremersdorf, Geformtes Glas, 74 Taf. 159–160. – Slg. Niessen 1911, 29 Taf. 17,308.

Grabtypus und Fundlage: Das Glas war außerhalb eines Sandsteinsarkophags niedergelegt.

Form und Technik: Das zehnrippige Muschelgefäß wurde in eine zweiteilige Form geblasen. Dann wurden Hals und Rand frei geformt. Knauf und Standplatte scheinen hier angesetzt. Übereinstimmungen in der relativ dicken grünlichen Glasmasse, in der Ausstattung des formgeblasenen Gefäßkörpers mit Schlaufenhenkel und Fäden an Hals und Rand sprechen dafür, dass die Muschelflasche und die beiden mitgefundenen Traubenflaschen Kat. 254 und Kat. 255 der Form 67 aus der gleichen Werkstatt stammen.

In Köln sind Muschelflaschen ohne Henkel[1015], mit gefaltetem Henkel und mit Schlaufenhenkel gefunden worden; letztere sind gelegentlich auch buntfarbig. Das nicht fundgesicherte Exemplar aus schwach grünlichem Glas von der Luxemburger Straße, heute in Bonn, ist mit Schlaufenhenkel und Fadenring aus blauem Glas versehen[1016].

Verwendung und Gefäßkombination: Die Muschelflasche enthielt eine unbestimmte Flüssigkeit und hat schräg im Schacht gestanden. Sie war Beigabe zusammen mit den beiden Traubenflaschen Form 67 (Taf. 160161).

Datierung: Grab 116 kann durch den Kästchenbeschlag mit frühchristlicher Szene in die erste Hälfte oder Mitte des 4. Jahrhunderts datiert werden. Ein Sandsteinsarkophag vom Höninger Weg in Köln enthielt zwei doppelhenklige Muschelgläser[1017]. Die Henkelbiegung ist zu einer Falte zusammengedrückt, ein Detail, das auch bei Traubenflaschen aus Köln vorkommt[1018]. Das Grab, das eine etwas abgegriffene Münze von 223 n. Chr. und einen TS-Napf der Form Niederbieber 11 enthielt, ist wohl in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts zu datieren[1019]. Eine fragmentierte Muschelflasche aus farblosem Glas stammt von der Moltkestraße in Köln. Der als ‚Bleisarg‘ beschriebene Grabbehälter ist wohl ein mit Blei ausgekleideter Holzsarg gewesen. Er enthielt ferner mindestens zwei ‚Delphinflaschen‘ Form 54 und einen kleinen buntfarbigen Glaskrug[1020], der für eine Niederlegung in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts spricht[1021].