Grab 57 (Fund 1897-103)  

Luxemburger Straße SO-Seite

Brandgrab

Der Grabungsplan und die Detailzeichnungen von F. Gerlach zeigen das „Trockenmauerwerk“ einer 4,40 x 4,40 m großen Grabanlage. Die Grabkammer im Innern maß 2,40 x 1,50 m, darin stand eine ungewöhnlich große Aschenkiste von L. 1,86 m, B. 0,80 m, H. 0,60 m (Abb. 433 ). Gerlach beschreibt den Fund vom 22. Juli 1897 wie folgt: „Der obere Rand der Gruft war von Mauern umfasst, die wahrscheinlich den Aufbau eines Grabtempels trugen; jedoch scheint zwischen der Bestattung und der Herstellung des Mauerwerkes längere Zeit verflossen sein, da auf der nordöstlichen Seite beim Abbruch des Mauerwerks dicht unter derselben ein menschliches Skelet[t] ohne jegliche Beigabe und ohne Sargreste aufgefunden wurde. Die Steinkiste ist im Lichten 1,60 m lang, 0,52 m breit und 0,37 m tief und enthielt außer verbrannten Knochen 12 zierliche Gläser (1–8), ein Tintenfass aus Bronce mit zugehörigen Federn (15), ein Doppelbecherchen aus Bronce (12), ein Schieferplättchen (14), ein verziertes Beinkästchen (13) und an den Resten eines Leibriemens eine Schnalle, an welcher ein kugelförmiges Salbgefäss (9) und 2 Striegel (10–11), alles aus Bronce, mittels Kettchen befestigt waren. Leider zerfielen von den äusserst dünnen Gläsern beim Aufheben des einstmals mit starken Eisengriffen (16) versehenen schweren Steindeckels 10 Stück vollständig in sich und nur zwei konnten gerettet werden. Dicht neben der Steinkiste fand sich auf der Grabsohle eine 1 bis 2 cm starke Kohlenschicht, die darauf schliessen lässt, dass die Leiche hier verbrannt worden ist“. – Nach A. Kisa handelte es sich um eine Tuffsteinkiste, die „beinahe die Größe eines Sarkophages hatte und durch vorkragende Schieferplatten“ abgedeckt war. Sie wurde ungestört angetroffen und enthielt nach seiner Angabe sogar 13 Gläser. Die Beigaben (1–16) sind in den Fundlisten und dem ZugInv. 4607–4627 des Museums aufgeführt. Das Kästchen (13) und der Reibstein (14) scheinen auf eine weibliche Bestattung hinzuweisen.

Gesamtzahl der Glasgefäße: ursprünglich dreizehn

1.–5. Fünf Krüge mit zylindrischem Gefäßkörper und Trichterhals, Inv. L 413–L 417:

         Form 58 (Kat. 221, Kat. 222, Kat. 223, Kat. 224, Kat. 225).

6.– 7. Zwei Flaschen mit birnenförmigem Gefäßkörper und langem Hals, Inv. L 418,

          Inv. L 419, verloren: Form 39 b (Kat. 172, Kat. 173).

8. Krug mit doppelkonischem Gefäßköper und Standring, Inv. L 420: Form 65 b

    (Kat. 252), Zugehörigkeit zum Grab fraglich.

9. Aryballos, Inv. L 426.

    H. 7,4 cm, mit Deckel H. 9,5 cm. max. Dm. 6,6 cm.

    kupferarme Zinn-Blei-Zink Legierung[1334].

    Bauchiger Gefäßkörper auf Standring. Auf dem Boden ein für das Metalldrehen

    bestimmtes Einstichloch. Kurzer Hals mit dreieckigem, konisch abgeschrägtem Rand.

    Zwei seitliche Rundhenkel, diese oben unterhalb des Randes sowie

    mit abgeflachten Enden auf der Schulter angesetzt. In der trichterförmigen Mündung

    ursprünglich ein Deckel, den J. Hagen 1906 beschreibt:

    „Der Deckel ist konisch geschweift und hat oben eine Öse für den Befestigungsdraht“.

    Deckel und Kettchen verloren. Fehlstelle in der Wandung ergänzt.

10. Strigilis, Inv. L 427.

      L. noch 25,6 cm (von 26 cm).

      Kupferlegierung.

      Doppelt geschweifter Schaber mit gekehlter Innenseite.

      Griff in Form einer Herakleskeule mit Astknoten, zusammengesetzt

      aus zwei Blechhälften. Im unteren Schaberende und im Griff jeweils ein Bohrloch,

      letzteres nach Hagen zur Befestigung eines verlorenen Kettchens[1335].

      Fehlstellen in den Griff- und Schaberteilen[1336].

11. Strigilis, Inv. L 428.

      Schaberspitze verloren. L. noch 24,5 cm (von 25 cm).

      wie Inv. L 427 (10).

12. Leuchter, Inv. L 422.

      H. 5,3 cm. Dm. 4 cm.

      Wohl Weißmetall[1337], eingravierte Drehrillen.

      Doppelgefäß in Form von zwei halbkugeligen Schalen,

      verbunden durch einen runden Schaft. In der Schaftmitte eine horizontale Scheibe.

      Rand der Schalen nach innen gebogen. Im Schaleninnern

      keine Kerzentülle vorhanden, diese möglicherweise einst eingesetzt und abgefallen,

      anderenfalls ist Talg als Brennstoff anzunehmen[1338].

13. Vier Klappdeckel von Fächern eines Kästchens, Inv. L 423.

      L. 5,3 cm, Br. 2,5 cm; L. 5 cm, Br. 2,5 cm.

      Bein.

      Rechteckige Plättchen mit zwei kleinen Scharnierzapfen an einer Langseite.

      Auf der Oberseite Zirkelschlagdekor: zwei größere und sechs kleinere konzentrische

      Kreise mit Punktaugen. Im mittleren Bereich jeweils zwei Bohrlöcher

      für die metallenen Befestigungsösen von heute verlorenen omegaförmigen Griffen.

      Die Plättchen wegen der Scharnierzapfen und der einst vorhandenen Griffe

      als Klappdeckel von Innenfächern eines (Holz-) Kästchens zu deuten.

      Das Kästchen war ursprünglich mit einem Schiebedeckel verschließbar,

      hierzu diente vielleicht der Reibstein (14)[1339].

14. Reibstein, Inv. L 424.

      L. 9,5 cm, Br. 7 cm.

      Schiefer

      Rechteckige Platte mit abgeschrägten Kanten, möglicherweise als

      Schiebedeckel für das Kästchen (13) benutzt[1340].

      Gebrochen und zusammengesetzt.

15. Tintenfass und zwei Griffel, Inv. L 421.

      Griffel 1: mit Ergänzung (Kunststoff) L. 10,7 cm.

      Griffel 2: L. noch 8,1 cm.

      Fäßchen: H. 4,8 cm. Dm. 2,5 cm.

      Fässchen mit Griffeln rekonstruierte H. ca. 12,5 cm[1341].

      Fäßchen Kupferlegierung. Griffel Eisen tauschiert mit Silber, Gold

      und Kupferlegierung.

      Zylindrischer Behälter mit Boden und einer heute losen Deckplatte.

      In der Deckplatte eine runde Eintauchöffnung sowie ein aufgesetzter Zapfengriff,

      unter der Deckplatte ein Plättchen angenietet. Durch Drehung des Zapfengriffs war

      das Fässchen wieder verschließbar, das oxydierte Plättchen heute festsitzend.

      An der Fäßchenwandung außen zwei waagerechte Stege untereinander angelötet.

      Zu beiden Seiten der Stege hafteten zwei korrodierte Rundstäbe,

      wie alte Zeichnungen und Fotos dokumentieren (Abb. 436). Die Oxidation des Eisens

      hatte eine starke Zunahme der Griffelmasse und ihres Volumes bewirkt.

      Bei der mechanischen Entrostung 1972 wurden Reste von zwei korrodierten

      Eisengriffeln freigelegt und vom Fäßchen abgelöst (Abb. 435).

      Die verrosteten Metallteile, wie die Schreibspitzen und Wachsglätter an den

      Griffelenden gingen verloren, die tauschierten Griffelteile blieben erhalten.

      Das für Tinte vorgesehene Fässchen spricht dafür, dass außer den Griffeln einst

      auch Schreibfedern, vermutlich aus vergänglichem Rohr, vorhanden waren.

      Nach der Parallele aus Grab 56 Nr. 12 steckte die Schreibgarnitur vermutlich

      in einem Lederetui[1342].

16. „Eisengriffe“ (des Steindeckels), Inv. L 425, ZugInv. 4607; verloren

Dat.: Erste Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr.

Lit.: Gerlach 1898, 11. – Kisa 1897, Sp. 186. – Hagen 1906, 410 f. Taf. 24 Abb. 39. – Klinkenberg 1906, 304. –von Boeselager 1993, 283–291 Abb. 1.

Taf. 84. Ausstattung von Grab 57. M. 1:2.
Taf. 85. Ausstattung von Grab 57. M. 1:2. Nr. 7 M. 1:4.
Taf. 86. Ausstattung von Grab 57. M. 1:2. Zugehörigkeit von Nr. 8 fraglich.
Abb. 433. Aschenkiste aus Grab 57.
Abb. 434. Leuchter, Grab 57,12.
Abb. 435. Tintenfass und zwei Eisengriffel nach dem Entrosten, Grab 57,15.
Abb. 435. Tintenfass und zwei Eisengriffel nach dem Entrosten, Grab 57,15.
Abb. 436. Tintenfass mit Eisengriffen im Rostzustand, Grab 57.